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1. Charakterbilder aus der Geschichte der Apostasie der Völker - S. 108

1910 - Regensburg : Manz
Vorbereitung für die Ewigkeit. In den ersten zehn Monaten nach seiner Ankunft hatte sich unter dem Einflüsse des milden Klimas, der Stille des Mönchslebens und der Befreiung von Staatsgeschäften die Gesundheit des Kaisers merklich gebessert; seine Gichtanfälle waren weniger häufig und minder heftig als zuvor. Allein im Frühjahre 1558 kehrte die alte Krankheit mit erneuter Heftigkeit zurück. „Ich bin," schreibt er an seinen Sohn Philipp Ii., „nicht in dem •> s^nde, eine einzige Predigt während der Fastenzeit mitanzuhöreu." Monatelang oermochte er eigenhändig kaum eine Zeile zu schreiben. Sehr niederbeugend auf ihn wirkte der Tod feiner^ Schwester Eleonore, verwitweten Königin von Portugal, die ihm am 14. April 1558 entrissen wurde. Ihr sanftes Gemüt hatte sie ihrem Bruder besonders lieb gemacht, so daß er ihren Verlust säst ebenso schmerzlich wie den eines seiner Kinder empfand. „Sie war eine gute Christin," sagte er zu seinem Sekretär und setzte, indem ihm die Tränen über die Wangen herabrollten, hinzu: „Wir haben uns immer einander geliebt. Sie war um sünfviertel-jahre älter als ich, und ehe diese Zeit verflossen ist, werde ich wahrscheinlich bei ihr sein." Seine Ahnung sollte sich noch früher erfüllen. Um die Mitte des August erweckten die Schmerzen der Gicht, welcher die Körperkraft sichtbar nachgab, im Kaiser ernste Gedanken an das Sterben. Die Welt trat vor dem Gedanken an Gott und die Ewigkeit immer mehr zurück. Karl fragte, ob er nicht noch zu Lebzeiten fein Leichbegängnis begehen könnte. Sein Beichtvater gab die Antwort, das könne seiner Seele nur großen Nutzen bringen. So wurde denn am 30. August 1558 ein Trauer-amt für den Kaiser gehalten. Die Kirche war schwarz ausgeschlagen, der Katafalk flammte von Kerzen, die ergreifende Musik hallte durch die heiligen Räume. Karl in einfachem, fchwarzem Gewände trat zu den Stufen des Altars und übergab dem Priester seine Kerze zum Zeichen, daß er bereit sei, seine Seele den Händen des Schöpfers zurückzugeben. Am Nachmittag verlangte er, man möge ihm ein Bildnis feiner Gemahlin, von Tizian gemalt, bringen. Lange betrachtete er die schönen Züge, als ob er die Kaiserin anflehen wollte, ihm in den himmlischen Wohnungen, wohin sie ihm vorangegangen, einen Platz zu bereiten. Daraus versenkte er sich in die Betrachtung eines andern Gemäldes von Tizian, den Todeskampf Jesu in Gethsemane darstellend, und ließ endlich seinen Blick ruhen auf der sogenannten Gloria, einem Meisterwerke desselben Künstlers, welches in der Klosterkirche über dem Hochaltar hing. Er schaute es lange und unbeweglich an. Als er sich aus seinen Betrachtungen ausgerafft, wandte er sich zum Arzte und klagte, daß er krank sei. Sein Puls bewies, daß er fieberte. Als die Regeutiu Johanna den gefährlichen Zustand ihres Vaters erfuhr, sandte sie ihm auf der Stelle von Valladolid ihren Leibarzt; aber keine Mittel wollten helfen, bald wnrde es klar, daß das Ende herannahe. Karl empfing die Mitteilung nicht nur mit Fassung, sondern mit Heiterkeit. „Das ist s, was ich lange gewünscht," sagte er. Seine nächste Sorge war, einige Anordnungen bezüglich seiner Angelegenheiten zu treffen. Am 9. September fügte er noch ein Kodizill zu seinem Testamente. Am 19. September hatten die Kräfte des Kaisers schon so abgenommen, daß man es für geraten hielt, ihm die heilige Ölung zu geben. Er verlangte, daß sie ihm in der bei den Mönchen üblichen Weise erteilt werde. Sie enthielt die Litanei, die sieben Bußpsalmen und stellen aus der Heiligen Schrift und war viel länger als die gewöhnliche der Laien. Am folgenden Tage würtfchte er, wie er während feiner Krankheit häufig getau, noch einmal die heilige Kommunion zu empfangen, und bemerkte seinem Beichtvater: „Sie ist eine gute Wegzehrung auf die lange Reife, die ich zu unternehmen im Begriffe stehe." Obschon er
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