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1. Charakterbilder aus der Geschichte der Apostasie der Völker - S. 164

1910 - Regensburg : Manz
164 Maria Stuart empfängt ihr Todesurteil. Gnade zu hoffen, da ihr Leben wegen ihrer Anhänglichkeit an den katholischen Glauben mit der Sicherheit der reformierten Religion unverträglich sei, und bot ihr einen Dechant der herrschenden Kirche an, um sie zum Tode zu bereiten. Sie erwiderte, das Urteil sei ungerecht; ihr Verbrechen sei ihre Religion, für welche zu bluten sie stolz sei; des Beistandes reformierter Geistlicher bedürfe sie nicht, bitte aber, daß man ihr ihren eigenen Almosenier gestatte, der, wie sie wisse, im Schlosse sei, obwohl man ihn bisher vor ihr verborgen gehalten. Die Bitte wurde gewährt, doch nur für kurze Zeit. Zu London wurden 24 Stunden lang die Glocken geläutet, in den Straßen Feuerwerk abgebrannt, die Bürger schienen trunken vor Freude. Am 1. Februar 1587 unterzeichnete Elisabeth herzlos und verstellt, als koste es ihr einen schweren Kampf, den Befehl zur Hinrichtung. Maria horte den Überbringer desselben, Shrewsbury, an, ohne die Farbe zu ändern. Dann machte sie das Zeichen des Kreuzes und sprach: „Der Tag, nach dem ich lange mich gesehnt habe, ist endlich erschienen; beinahe 20 Jahre habe ich im Gefängnis geschmachtet und ich kann mir kein glücklicheres und ehrenvolleres Ende eines solchen Lebens denken, als mein Blut für meine Religion zu vergießen." Dann zählte sie die Kränkungen aus, die sie erlitten, die Anerbietungen, die sie gemacht, und die arglistigen Kunstgriffe und Betrügereien ihrer Feinde und schloß, die Hand auf der Heiligen Schrift, mit den Worten: „Was den Tod der Königin, Eurer Gebieterin, anbetrifft, fo nehme ich Gott zum Zeugen, daß ich nie nach demselben strebte und nie in denselben willigte." „Dieses Buch," rief der Graf von Kent, „ist eine pästliche Bibel und folglich ist der Eid nicht gültig." „Es ist eine katholische Bibel," erwiderte die Königin, „deshalb schätze ich sie um so mehr und Ihr müßt also, nach Eurer eigenen Art zu schließen, meinen Eid für desto glaubwürdiger halten." Der Graf ermahnte sie, allem päpstlichen Aberglauben zu entsagen, zum Heile ihrer Seele den wahren Glauben anzunehmen und sich dem geistlichen Beistände des Dechanten von Peterborough, einem von der Königin angewiesenen Geistlichen, unterzuordnen. Aber Maria entgegnete, sie sei vielleicht in den streitigen Glaubenssätzen besser bewandert, als er dächte; sie habe viel gelesen und die berühmtesten reformierten Prediger gehört, aber nie einen Beweisgrund vernommen, der sie hätte bewegen können, den Glauben ihrer Väter zu verlassen. Daher begehre sie statt des Dechants von Peterborough, den sie nicht hören wolle, den Beistand ihres Almoseniers Le Preau, der sich noch immer im Hanse befinde. Dies sei die einzige und letzte Gunst, die sie verlange. Man antwortete, ihre Bitte könne nicht gewährt werden; sie widerspreche dem Gebote Gottes und den Landesgesetzen und würde Seele und Leib der Kommissäre gefährden. Hierauf folgte ein langes und unzusammenhängendes Gespräch. Maria fragte, ob ihr Sohn feine Mutter in ihrer Bedrängnis vergessen, ob feine der auswärtigen Mächte sich für sie verwendet hätte, und endlich, wann sie sterben sollte? Auf diese Frage antwortete der Graf von Shrewsbury sehr bewegt: „Morgen früh um acht Uhr." Maria vernahm die Ankündigung ihrer Todesstunde mit einer Heiterkeit und Würde, welche die Anwesenden rührte und erschütterte. Sobald die Grafen fort waren, brach ihre Dienerschaft in Tränen und Wehklagen aus, sie aber gebot Stillschweigen. „Es ist jetzt nicht Zeit zu weinen," sprach sie, „sondern sich zu freuen. In wenigen Stunden werdet ihr das Ende meiner Leiden sehen. Meine Feinde mögen nun sagen, was sie wollen, aber der Graf von Kent hat das Geheimnis verraten, daß meine Religion die eigentliche Ursache meines Todes ist. Seid also gefaßt und überlaßt mich meiner Andacht!" Nachdem sie ihre Diener um Verzeihung für ihre Fehler gebeten, ordnete sie ihre häuslichen Angelegenheiten, schrieb ihr Testament und drei Briefe, einen an ihren Beichtvater, einen an ihren Vetter Guife und den dritten an den König von Frankreich. Hierauf gab
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