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1. Charakterbilder aus der Geschichte der Apostasie der Völker - S. 382

1910 - Regensburg : Manz
382 Heranbildung eines josephinischen Klerus. Pius Vi. in Wien. Plan eines Schismas. gründete man sogenannte General-Seminarien in den Städten Wien, Pest, Pavia und Löwen, deren Leitung man Männern von sehr zweifelhaftem Rufe übertrug; um Priester zu erhalten, die ganz von dem herrschenden Geiste durchdrungen wären, wurde deu Bischöfen zur Pflicht gemacht, nur solche zu weihen, welche die Regierung ihnen zur Erteilung der Weihen zuschicken würde. Vorstellungen, die dem Kaiser gegen sein Verfahren von einzelnen Bischöfen gemacht wurden, fanden nicht die mindeste Beachtung. In schnöder abweisender Form antwortete er sogar auf die Warnungen, die der Kurfürst Clemens Wenzeslans von Trier, der jüngste Bruder des Kurfürsten Friedrich Christian von Sachsen, an ihn richtete. Gleich erfolglos waren die Verhandlungen, welche Papst Pius Vi. mit ihm pflog. Als aber im Jahre 1782 der Papst zu persönlicher Besprechung in Wien erschien, mußte er zu der Demütigung, welche er sich durch diesen Schritt selbst auferlegt hatte, auch noch die erfahren, daß er den Kaiser jetzt so wenig als im Verlaufe der späteren Verhandlungen zu irgend einem Nachgeben geneigt fand, ja, sich von ihm in einer förmlichen Staatskonferenz die Worte gefallen lassen mußte: „Belieben Eure Heiligkeit, die Vorstellungen niederzuschreiben, die Sie mir zugedacht, damit ich sie meinen Theologen zur Untersuchung vorlegen kann!" Dazu kam. daß während seiner Anwesenheit in Wien eine Flut von Schriften zur Herabwürdigung und Verspottung des Primats sich ungehindert unter das Volk ergoß. Noch mehr, während der Kaiser seinem erhabenen Gaste wenigstens mit den Formen der Ehrerbietung begegnete, schämte sich der Minister Kaunitz nicht, denselben durch ungeziemendes Benehmen zu kränken. Als der Papst in sein Zimmer trat, hatte er wie in Gedanken vertieft, am Kamin stehend und sich mit zurückgeschlagenen Rockschössen wärmend, den Hut auf dem Kopfe, nahm ihn zwar einige Augenblicke ab, setzte ihn aber dann sogleich mit der sarkastischen Entschuldigung wieder auf, „er habe einen schwachen Kopf." Joseph ging sogar in seinen Neuerungsplänen so weit, daß er sich zu einer förmlichen Losreißuug seiner Staaten vom Oberhaupte der Kirche entschloß. Nur die Vorstellungen des spanischen Geschäftsträgers Azara, den er im Jahre 1783 bei einem Aufenthalte zu Rate zog, und des Kardinals Bernis brachten ihn von dem Gedanken ab, eine österreichische Landeskirche nach dem Muster der englischen Hofkirche zu bilden. Während Joseph als Kaiser-unter dem Einflüsse von Ungläubigen die Kirche zugunsten unbedingter Herrschergewalt zu erniedrigen bestrebt war, konnte er sich dem Wahne hin geben, daß deren Diener in solcher Erniedrigung noch fähig sein würden, den Geist des Gehorsams in dem Volke zu pflegen. Wie wenig Verständnis er für religiöse Dinge hatte, zeigte er auch durch das Ansinnen, die Geistlichen sollten mit Umgehung der Glaubenslehre nur die Sittenlehre predigen und das Volk in der Kirche mit den Regeln der Diät, der Hauswirtschaft usw. bekannt machen. Die Kirche sollte in eine der Polizei dienende Anstalt umgewandelt werden. Den stärksten Widerstand fanden Josephs Neuerungen in den niederländischen Provinzen. Die im Jahre 1786 erfolgte Aufhebung aller von den Bischöfen geleiteten theologischen Lehranstalten, die im Jahre 1787 erlassene Bekanntmachung einer ohne Rücksicht auf Abgrenzung und Verhältnisse der Landschaften neu gebildeten Einteilung und Verwaltung verursachten nicht allein eine tiefe Gärung, sondern auch den Versuch des Widerstandes. Der Herzog Albrecht von Sachsen, ein Bruder des Kurfürsten von Sachsen, sah sich als österreichischer Staathalter außerstande, den Willen des Kaisers im Widersprüche mit der Anhänglichkeit der Niederländer an ihr so lang geachtetes Recht durchzuführen. Der Kaiser berief ihn zurück und ordnete kriegerische Zwangsmaßregeln an. So wurden die Niederländer zu einem Aufstande gereizt zur Zeit, da in dem benachbarten Frankreich die bedenklichste Unruhe als Vorbote einer allgemeinen Umwälzung die Gemüter erregte. Den eigent-
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