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1. Charakterbilder aus der Geschichte der Apostasie der Völker - S. 546

1910 - Regensburg : Manz
546 Napoleon sucht die Mächte zu gewinnen. nur den einfachsten Zusammenhang wollte man nicht sehen. Eines konnte man nicht leugnen, daß Frankreich und Napoleon wieder aufs neue zu gewaltiger Macht vereint der Welt gegenüberstanden und daß man sich mit ihnen abfinden müsse, in Krieg oder Frieden. Auch der Gedanke an Frieden mußte sich der Einbildungskraft aufdrängen ungeachtet der Erklärungen und Bündnisse, welche der Entwicklung dieses Ereignisses vorangegangen waren. Wirklich trat Napoleon, im Wiederbesitze der Macht und getragen von dem Sturme gärender Volksbewegungen, unerwartet friedlich und gemäßigt auf und erbot sich, den Frieden von Paris anzuerkennen. Ein solches Anerbieten verdiente wohl Erwägung und der Zustand Europas, die Verhältnisse der Mächte untereinander mußten zu ernsten Betrachtungen auffordern. England gab die Erklärung ab, in dem bevorstehenden Kriege nur gegen Napoleon, nicht aber für die Wiedereinsetzung der Bourbonen kämpfen zu wollen. Wenn aber das letztere Ziel nicht ins Auge gefaßt wurde, konnte es den übrigen Mächten lieber fein, daß die Napoleonische Dynastie monarchisch als daß neue Revolutionsgewalten republikanisch in Frankreich herrschten, und die noch nicht ausgelösten Beziehungen, welche Napoleon persönlich mit Österreich verknüpften, konnten diese Macht auch für feine Person noch günstig stimmen. Napoleon nützte die Lage ans, um den Franzosen die lockendsten Verheißungen, Österreich die einladendsten Eröffnungen zu machen. Das Unternehmen Napoleons hatte eine doppelte Berechnung zur Grundlage, einmal daß Frankreich der Bourbonen überdrüssig, und dann, daß der Kongreß uneinig sei oder sich aufgelöst habe. So gut Napoleon über die erste Tatsache unterrichtet war, so schlecht war er es im zweiten Punkte. Allerdings wollten- die Monarchen Wien schon verlassen. Die Tage des Bleibens wurden schon gezählt und die Abreise als sehr nahe bevorstehend bezeichnet. Allein die Trennung der Herrscher würde den Frieden nicht gestört haben, im Gegenteile waren die Verhandlungen in besserem Gange und ihre Fortsetzung gesichert. Gewiß hätte Napoleons Wiederkehr einen ganz andern Eindruck gemacht und seine politische Arglist einen ungleich großem Spielraum gehabt, wären die Häupter des Kongresses nicht mehr beisammen gewesen und die Nachricht von dem großen Ereignisse jedem einzeln zugekommen; gemeinsame Entschlüsse und Maßregeln würden aus der Ferne höchst schwierig zu verhandeln gewesen sein. Die nachdrückliche Kraft des Zusammenseins war durch nichts zu ersetzen; aber die Verhältnisse in Frankreich waren entscheidend, sie litten keinen Aufschub und Napoleon hätte kaum zögern dürfen, auch wenn er über den Kongreß in Wien sich nicht getäuscht hätte. Die öffentliche Aufmerksamkeit mußte sich bei der Wiederkehr Napoleons vorzüglich auch auf feine Gemahlin und seinen Sohn richten, welche während des Kongresses in Wien und jetzt gerade im Schlosse Schönbrunn weilten. Ein Versuch, den Prinzen zu entführen, war von Paris kühn genug angelegt, mißlang aber im entscheidenden Augenblick. Die Äache machte großes Aussehen, hatte aber nur die Folge, daß eine strengere Bewachung eintrat. Doch nicht Österreich allein suchte Napoleon für sich zu gewinnen, auch andern Mächten bemühte er sich die Vorteile darzulegen, deren sie im. Bunde mit ihm oder wenigstens durch Erhaltung des Friedens mit ihm sich erfreuen würden. Es ließ sich sogar ermessen, welche Verbindungen er zunächst herzustellen hoffte, auf welchen Punkten feine Lockungen zumeist Ersolg haben könnten. Aber überall fand er feine Erwartung getäuscht. Murat allein folgte den unheilvollen Antrieben, denen schon längst sein eigener Hang unruhig vorgearbeitet hatte. Der Prinz Eugen Beauharnais, der sich wohl gedrängt fühlen mochte, feinem Feldherrn, Vater und Kaiser sich anzuschließen, blieb seinem Worte getreu, Wien nicht zu verlassen, und zeigte sich des Vertrauens würdig, welches namentlich der Kaiser Alexander in ihn setzte. Gerade in dieser Zeit sah man beide faft täglich Arm in Arm auf
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