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1. 40 Lektionen, umfassend den Zeitraum von Luther bis in die neueste Zeit - S. 35

1882 - Leipzig : Klinkhardt
— 35 — gehört habe. Und diese fanden, daß noch 600 Städte, Flecken, Dörfer, Burgen, Mühlen u. f. w. zu Frankreich gehörten. Rasch wurden dieselben in Besitz genommen. Überall wurde das französische Wappen angeschlagen und der Eid der Treue von den Unterthanen gefordert. Unthätig fah Kaiser Leopold diefem Länderraube zu. Niemaud nahm sich der Bedrängten an. Aber die Krone setzte Ludwig seiner Hinterlist aus, indem er ohne Kriegserklärung, mitten im Frieden, die freie Stadt Straßburg dem deutschen Reiche entriß. Durch Bestechungen waren der Bischof und mehrere Ratsherren von Straßburg gewonnen worden. Sie waren bereit, die Ausführung des Raubes zu unterstützen. Und alles war auch so umsichtig vorbereitet, daß am 30. September 1681 die französischen Regimenter sich ohne Schwertstrich in den Besitz der Stadt setzen konnten. Das Zeughaus wurde entleert, die Bürgerschaft entwaffnet und mußte dem neuen Gewalthaber den Treueid leisten. An dem herrlichen Münster, dem stolzen Werke des deutschen Meisters Erwin von Steinbach, empfing der verräterische Bischof den im Triumphe einziehenden König mit den Worten: „Herr, nun lässest du deinen Diener in Friede fahren, denn meine Augen haben deinen Heiland gesehen!" Voll Scham mochte jeder Deutsche sein Antlitz vor dieser schändlichen Gotteslästerung verhüllen. Nun wurde die Citadelle abgesteckt, und deutsche Bürger und Bauern mußten Hand anlegen, um dieses Bollwerk der Unterdrückung und Schande auszubauen. Laßt uns keinen Stein werfen auf die Bürgerschaft! Es fehlte ihr nicht an Liebe zum Reiche und an deutschem Sinn; aber ohne genügende Verteidigungsmittel, verlassen von dem ratlosen Stadtrat, ohne Hilfe von Kaiser und Reich, was sollten sie beginnen? — Im Fall des Widerstandes drohte Ludwig mit Krieg und Zerstörung, im Falle der Unterwerfung versprach er, ihnen ein gütiger Herr zu sein und ihre Verfassung, Rechte und Religionsfreiheit zu schützen. — So ging Straßburg, diese Perle der deutschen Kaiserkrone verloren. Beinahe 200 Jahre ist sie uns entrissen gewesen, bis deutsche Tapferkeit sie dem neuerstandenen Reiche wiedergewonnen hat, am 30. September 1870. — Während dieser Vorgänge war Kaiser Leopold im Osten seines Reiches beschäftigt. Die Ungarn hatten sich empört und fanden an den Türken thätige Bundesgenossen. Diese stellten ein Heer von 200 000 Mann ins Feld. Unter ihrem Großwesier Kara Mustapha rückten sie 1683 rasch vorwärts. Städte und Dörfer wurden eingeäschert, die Einwohner niedergehauen, Weiber und Kinder als Gefangene hinweggeführt. Der Hof verließ in Verzweiflung die Hauptstadt des Reiches und flüchtete nach Linz. Bald stand das türkische Heer unter den Mauern Wiens und schickte sich zur Belagerung an. Furchtbarer Kanonendonner erschütterte die Luft. Mit Pulver gefüllte Gänge, die bis unter die Mauern geführt waren, flogen auf und rissen so große Lücken, daß die Belagerer zum Sturm schreiten konnten. Aber mit heldenmütiger Tapferkeit wehrten die Bürger feie Eindringenden ab. Alle, selbst Weiber und Kinder griffen zu und ersetzten durch Erdwälle die zerstörten Mauern. Die Seele der Verteidigung war 3*
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