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1. 40 Lektionen, umfassend den Zeitraum von Luther bis in die neueste Zeit - S. 52

1882 - Leipzig : Klinkhardt
— 52 — „Du sollst deinen Nächsten lieben als dich selbst" besser erfüllt hat als Tausende von andern, die viel gelehrter waren als er. Von Franckes Gelehrsamkeit spricht man jetzt nicht mehr, aber die Werke der Menschenliebe, die er vollbracht und hinterlassen hat, sein unerschütterliches Gottvertrauen gläuzen noch heute als Helle Sterne aus jener Zeit der Üppigkeit und Selbstsucht. August Hermann Franke wurde 1667 in Lübeck als der Sohn einer angesehenen Familie geboren. Recht viel lernen und beten war schon in frühester Jugend ihm die größte Freude, und in seinem 10. Jahre bat er solange, bis ihm seine Mutter ein eigenes Kämmerlein eingerichtet hatte, in dem er lernen und beten konnte. In Leipzig studierte er die Gottesgelahrtheit, fing auch an, selbst Vorlesungen über die Bibel zu halten. Aber als er später von dieser Zeit sprach, war er gar nicht mit sich zufrieden und sagte: „Meine Theologie war damals noch im Kopfe, aber nicht im Herzen." — Auf einer Reise kam er als junger Kandidat nach Lüneburg. Hier sollte er eine Predigt über den rechten Glauben halten. Aber da fühlte er, daß er diesen selbst noch nicht habe und wollte die Predigt absagen. In solchen Seelenstimmnugeu nahm Francke zunächst feine Zuflucht znm Gebet. Auch diesmal. Er fühlte sich bald wunderbar gestärkt, und seine Zweifel waren verschwunden. Mit großer Freudigkeit hielt er nun die Predigt. „Von da an", sagte er, „ist es mir mit dem Christentum ein Ernst geworden und leicht, alles ungöttliche Wesen und die weltlichen Lüste zu verleugnen." — Er ging nun nach Leipzig zurück und begann aufs neue die biblischen Vorlesungen. Oft hörten ihm 300—400 Studenten zu, denn alle fühlten sich ergriffen von dem Geiste, mit welchem er redete. Da gab's Professoren, denen die Studenten aus den Hörsälen wegblieben, die verklagten Francken und beschuldigten ihn der Heuchelei und des Hochmuts, so daß die biblischen Vorlesungen verboten wurden. Francke verließ Leipzig und ging nach Erfurt als Diakonus. Auch hier aber wurde er vielfach angefeindet. Unter anderem gab man ihm schuld, er verbreite ketzerische Schriften und forderte ihn vor Gericht. Eben hatte man ein an ihn gesandtes Bücherpaket in Beschlag genommen. Francke verlangte, daß man es sogleich öffne. Es geschah, und was fand man? — Bibeln, nur Bibeln! Wohl mußten sich seine Verkläger schämen, dennoch ruheten sie nicht, bis er Erfurt verlassen hatte. Indes aber berief ihn der Kurfürst Friedrich Iii. an die zu begründende Universität Halle als Professor. Zugleich übernahm er eine Predigerstelle in der Vorstadt Glaucha. Hier lebte eine arbeitsscheue, arme, aber doch üppige Bevölkerung. An Schänken und Tanzhäusern fehlte es nicht. 1692 begann Francke feine Wirksamkeit. Es dauerte nicht lange, so strömte alles in feine Predigten. Hier wurden die Herzen erquickt, denn er stritt nicht über Glaubenssätze, sondern drang auf Erneuerung des Herzens, auf einen freudigen Glauben an Gottes Gnade und auf ein heiliges gottgefälliges Leben. — Er verzichtete auf das bisher übliche Beichtgeld, um den Leuten fchärfer ins Gewissen reden zu können. Dazu übte er eine unbeschränkte Wohlthätigkeit.
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