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1. 40 Lektionen, umfassend den Zeitraum von Luther bis in die neueste Zeit - S. 75

1882 - Leipzig : Klinkhardt
— 75 — schienen, denn das Volk seufzte unter schweren Lasten und schrankenloser Willkür. Bald regte sich die Uuzufriedenheit überall, und man schrie laut über Steuerlasten, Ungerechtigkeit und Unterdrückung. Drüben über dem Ozeane hatten die Vereinigten Staaten sich unabhängig gemacht und einen Freistaat (Republik) errichtet, sollte das in Frankreich nicht auch möglich sein? — In dieser Zeit allgemeinster Aufregung starb 1774 Ludwig Xv. und Ludwig Xvi., von dem Volke mit dem Beinamen des „Ersehnten" begrüßt, bestieg den Thron. Er meinte es offenbar gut mit seinem Volke, war aber viel zu schwach und unselbständig, um eine Besserung der Zustände herbeizuführen. Dazu fehlte es ihm an tüchtigen, ehrlichen Ratgebern, und wenn sich ja ein Mann fand, der z. B. Ersparnisse bei Hose einführen wollte, so machte er sich die ganze Schar der Höflinge zu Feinden und wurde bald wieder beseitigt. Dazu war der Herzog von Orleans, ein naher Verwandter des Königs, unablässig thätig, das Volk gegen den König und die Königin aufzureizen. Die Königin, Maria Antoinette, (Angtoanette), eine Tochter der Maria Theresia von Österreich und Schwester Joseph Ii. war in ihrer jugendlichen Lebenslustigkeit oft unvorsichtig in ihren Worten und Handlungen. Diese wurden vom Herzoge von Orleans mit Übertreibungen weiter erzählt und benutzt, die Unzufriedenheit des Volkes noch mehr anzustacheln. Sie verachte das Volk, hieß es, sie habe, um im Sommer Schlitten fahren zu können, Salz streuen lasfen u. a. Um die Unzufriedenheit zu beschwichtigen, berief der König eine Versammlung von Abgeordneten aller Stände. Sie sollten beraten, was zu thun sei. Diese Versammlung heißt die Nationalversammlung. Im Mai 1789 traten die Abgeordneten in Versailles (Werrsallj) zusammen und beschlossen, sich nicht eher zu trennen, als bis sie Frankreich eine neue Verfassung gegeben hätten. In Paris wurde das Volk durch Zeitungen und aufreizende Reden fortwährend in Aufregung erhalten. Diese stieg aufs höchste, als sich die Nachricht verbreitete, der Minister Necket, den man als Volksfreund kannte, fei plötzlich entlassen worden, und ein Günstling der Königin werde seine Stelle einnehmen. Das Volk erbrach das Zeughaus in Paris, bewaffnete sich und erstürmte die Bastille, eine alte Burg in der Stadt, die als Staatsgefängnis diente. Dieses Bollwerk der Knechtschaft wurde niedergerissen und der Erde gleich gemacht. Das geschah am 14. Juli 1789, welcher Tag daher künftig als der Gründungstag der französischen Staatsänderung alljährlich gefeiert wurde. Die Bürger traten zur Nationalgarde zusammen und trugen als Zeichen ihrer Freiheits- und Vaterlandsliebe an der Kopfbedeckung die neuerfundene Nationalkokarde, ein blau- weiß- rotes Abzeichen. Necker wurde im Triumph zurückgebracht, und nun ging die Nationalversammlung rüstig andre Herstellung einer neueuverfassung. Ein ebter Wetteifer ergriff die Abgeordneten der oberen Stände, freiwillig auf ihre Vorrechte zu verzichten und dem Volke zu beweisen, daß sie seine Lasten wirklich erleichtern wollten. Fronden und Zehnten *) Vergl. 1. Jahrgang, S. 80.
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