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1. 40 Lektionen, umfassend den Zeitraum von Luther bis in die neueste Zeit - S. 116

1882 - Leipzig : Klinkhardt
— 116 — reiche Blutopfer hervorgethan hatte. Als am 11. Juli 1871 unsere tapfern Landesbrüder in die festlich geschmückte Hauptstadt einzogen, da galt der Jubel nicht zum geringsten Teile den uns glücklich wieder geschenkten Prinzen. Hatte doch der Kaiser selbst dem Kronprinzen das Eiserne Kreuz auf die Brust geheftet und ihm den Feldmarschallsstab verliehen. Das war ein Jubeltag auch für König Johann, der an demselben lebhaft erinnert wurde an die Wahrheit des altsächsischen Denkspruchs: „Wohl dem, der Freude an seinen Kindern erlebt!"1) Aber noch einen anderen Jubeltag schenkte ihm Gottes Gnade. Am 10. Dezember 1872 beging der 71 jährige Monarch mit seiner Gemahlin das Goldene Ehejubiläum, ein Fest, an dem das ganze Land den innigsten Anteil nahm. Nicht ganz nach einem Jahre, am 29. Oktober 1873, entschlief König Johann im Lustschlosse zu Pillnitz in Geistesklarheit und christlicher Ergebung. Daß der König seine nahe Auflösung gefühlt, beweist folgendes Gedicht, das zugleich zeigt, wie bedeutend derselbe als Dichter dasteht. Gebet eines Greifen. Mein greises Haupt, geschmückt mit Silberhaare, belastet mit der langen Reihe Jahre, senkt sich getrost zu der ersehnten Bahre, bleibst du bei mir, Herr, da der Abend naht. Des Tages Hitze hab ich, Herr, getragen; in heitern tote in freudeleeren Tagen wandt ich zu dir die Blicke ohne Zagen, O, bleib auch jetzt bei mir, der Abend naht. Du führtest sanft mich durch der Jugend Morgen, und vor des schwülen Lebensmittags Sorgen hielt deiner Allmacht Schatten mich verborgen, o, bleib auch jetzt bei mir, der Abend naht. Bald — bald, ich fühl' es, wird mein Auge brechen; zwar frei bin ich von blutigen Verbrechen, doch frei nicht von des Staubgebornen Schwächen. Drum bleibe, Herr, nun, da der Abend naht. Zwar steh ich an des Todes dunklen Schwellen, doch schimmern in des Abends Purpurquellen die Strahlen, die ein besseres Sein erhellen, bleibst du bei mir, Herr, da der Abend naht. Die Gegenstände rings um mich verschwinden, und dunkel wird's in diesen niedern Gründen, doch Nacht und Tod sind leicht zu überwinden, bleibst du bei mir, Herr, da der Abend naht. Inschrift der Sophiendukaten.
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