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1. Handbuch der deutschen Geschichte - S. 159

1898 - Breslau : Goerlich
— 159 — welche durchaus Vorläufer unserer sozialdemokratischen und anarchistischen Bestrebungen waren. Beide Hauptparteien vereinigten sich (1421) über die sog. „Prager Artikel", in welchen sie freie Predigt des Werkes Gottes, Abendmahl unter beiderlei Gestalt, Einziehung der Kirchengüter und strenge Bestrafung der Geistlichen und Laien verlangten. Beim Friedensschluß wurden die Prager-Artikel in die „Prager Kompaktaten" umgeändert, in welchen das Abendmahl unter ,beiden Gestalten, Bestrafung der Todsünden, aber nur durch die dazu Berechtigten, freie Predigt des Werkes Gottes, aber nur von bestellten Predigern und unter päpstlicher Autorität, Verbot weltlichen Besitzes für die Orden, aber nicht für die Kirche, zugestanden wurden. Die Taboriten nahmen diese Kompaktaten nicht an, und 1434 kam es bei Böhmisch-Brod und Lipau zu einer furchtbaren Schlacht zwischen den gemäßigten Husiten und den Taboriten. Von 18000 Iber letzteren blieben 13000 auf dem Schlachtfelde; der Rest wanderte später aus. Eine anschauliche Schilderung der Verwüstungen, welche die Husiten in den Nachbarländern anrichteten, bietet der nachfolgende Bericht des Kaufmanns Martin aus Volke uh ain in Schlesien, entnommen aus G. Freytags Bildern aus der deutschen Vergangenheit Band Ii. „Als man schrieb nach Christi Geburt 1425, da kamen die Hussen vor die Stadt Wünschelburg an einem Sonnabend und gewannen den Zugang am Sonntag um die Vesperzeit mit Übermacht und brachen durch die Mauer. Da floh das Volk auf des Vogtes Haus. (Haus ohne weiteren Zusatz bezeichnet oft ein befestigtes Gebäude, in den Städten die Vogtei, auf dem Lande den Sitz des Vasallen. In solchem Fall ist es von Stein, die Mauer unten sehr dick, aber zuweilen nicht im Grund gesetzt, sondern breit auf der Oberfläche gelagert, daher leicht zu untergraben. Die Fenster sind mit Eisengittern versehen, und unter dem Dache läuft innerhalb der Mauer ein Gang, oder über den Stockwerken ist ein großer freier Saal unter dem Dachgebälk, an dessen Wänden Schießscharten von verschiedener Form für Bolzen und später auch für Feuerwaffen angebracht sind, im 15. Jahrhundert standen wohl auch leichtere Geschütze oben. Oft war das Haus mit einer besonderen Ringmauer umgeben, zumal auf dem Lande, wo diese auch den Wirtschaftshof einschloß. In solchem Landhaus saßen oft mehrere Familien übereinander.) Als sie nun daraus kamen, beide Männer und Frauen, zündeten sie selbst die Stadt an vom Stadthause aus und meinten sich dadurch zu retten. Die Böhmen aber warteten, bis sich das Feuer gesetzte und gelegte, dann drangen sie mit Macht an das Steinhaus und wollten zu ihnen stürmen und das Haus untergraben. Und es kam dazu, daß man miteinander verhandelte, und der Vogt ließ sich zu den Hussen hinab durch eine rohe Plaue (große Leinwanddecke, wird über die Holzreifen der Korbwagen gespannt) mit ihrem Willen, er sollte mit ihnen sprechen und verhandeln, ob die Bürger los und frei von ihnen werden und herabkommen konnten. Er war überlange da unten in der Stadt, so daß es den Leuten zu lange währte und bange ward, sonderlich dem Pfarrer derselben Stadt — er war des Vogtes Gevatter — der ließ hinabschreien und rufen: ob der Vogt etwa noch da unten wäre, sollte er sich offenbaren und melden und wieder zu ihnen heraufkommen. Nach einer Weile kam der Vogt wieder an das Steinhaus und ließ sich wieder hinausziehen. Als er herauf-
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