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1. Handbuch der deutschen Geschichte - S. 176

1898 - Breslau : Goerlich
— 176 — Wer am Morgen in ein Thor hineinging, begegnete sicher dem Stadtvieh. Denn der Bürger trieb auch Landbau: selbst die vornehmen Häuser hatten im engen Hofraume Viehställe. Schweine liefen in den Straßen umher und fuhren wohl auch in die Häuser hinein, sich ihre unsaubere Nahrung zu suchen;- aus abgelegenen Plänen lagerten große Düngerhaufen. Tie Hauptstraßen der vornehmen Städte waren hier und da gepflastert, aber selbst iu Frankfurt wurden noch um 1400 die Haupt wege nur durch Saud und kleine Steine gebessert, und für die Dom- herren war es eine genügende Entschuldigung ihres Ausbleibens bei Versammlungen, daß der Straßenschmutz zu arg sei. Wer bei schlechtem Wege ausging, fuhr in schwere Holzschuhe; von den Ratsherren wurde gefordert, daß sie diese vor der Sitzung auszogen. Auf den Straßen fand man häufig Brunnen mit Rolle, Kette und Eimer; die Bäche leitete man gern längs der Hinteren Seite der Höfe; denn die Gerber, Weber, Färber und Wollspinner siedelten sich am Wasser an. Wo es lausende Brunnen gab, standen Schopftröge von Stein und Metall daneben und an passenden Stellen gefüllte Wasserbehälter für den Fall einer Feuersgefahr. Au deu engen, gewundenen Straßen standen die von Fachwerk erbauten und mit Stroh gedeckten kleinen Häuser, mit dem Giebel nach der Straße gekehrt, häufig mit einer quergeteilten Hausthür Der sehen, so daß der Besitzer sich über die untere Hälfte hinauslehnen tonnte; über der Thür hing an einem Schilde das gemalte Zeichen des Hanfes, nach welchem der Besitzer oft genannt ward. Tic Häuser stiegen nicht senkrecht in die Höhe, sondern der Oberstock sprang über den unteren vor und der zweite wieder über den ersten, so daß das oben hereinfallende Licht oft sehr beeinträchtigt ward. Tie Straßenwand der vorspringenden oberen Stockwerke ward auch wohl durch Pfeiler gestützt, so daß zwischen diesen und dem eingerückten Erdgeschoß ein bedeckter Gang, eine sogenannte Laube, sich befaud. Mit dem wachsenden Wohlstände aber und mit der schnellen Entwickelung der Künste, die mit dem Handwerke in unmittelbarer Ver bindung staudeu, gewann mich das Wohnhaus an Ausdehnung und Be haglichkeit. In der Reihenfolge der Geschlechter ward es ein anderes und blieb doch dasselbe; denn der Enkel baute mit sorgsamer Schonung das nur ans, was der Großvater gegründet hatte. So ward das Hans im tiefsten Sinne Eigentum der Familie, d. h. der fortblühenden Reihe von Geschlechtern, und so bekam es jenes eigentümliche Gepräge, das zu dem Einerlei unserer numerierten Wohnhäuser im merkwürdigsten Gegensatze steht. Noch zeigt uns Nürnberg eine Menge solcher mittelalterlichen Häuser. Sie sind aus das Zusammenleben der Familie berechnet. Daher haben sie in der Regel einen großen, geräumigen Flur für Warenlager u. f. w., breite Treppen, große Gänge, am Hof herumlaufende Galerieen als Tummelplätze für die Jugend und große Familienzimmer. Tie an den Decken hervortretenden Balken geben passende Gelegenheit zu Zieraten. Einen außerordentlichen Reiz aber besitzt
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