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1. Handbuch der deutschen Geschichte - S. 236

1898 - Breslau : Goerlich
— 236 — Schlesien und den brandenbnrgischen Marken war in den Städten ein Tritteil der Häuser eingeäschert und die Bevölkerung bis auf ein Fünftel zusammengeschmolzen. 1600 war in Minden i. W. ein Verbot erschienen, mehr als 240 Gäste zur Hochzeit zu laden und das vorgeschriebene Maß von Speisen und Getränken bei schwerer Strafe nicht zu überschreiten, 160(1 bettelten ebendaselbst zerlumpte Bürger zwischen Brandstätten' Augsburg war von 80 000 Einwohnern auf 30 000 herabgesunken. Es wird der Gesamtverlust an Menschen auf zwölf Millionen angegeben. Die Blüte der Bevölkerung war gefallen; der Handel war völlig dahin, der Bürger ohne Einfalt und Ehre. Die Erzeugnisse redlichen Fleißes wanderten durch gedungene Söldner in die Fremde. Fürsten griffen zu einer wertlosen Jnterimsmünze, und in Thüringen, wo gegen Ende des Krieges ein Pferd mit 60 000 Mark bezahlt wurde, sah man von Frauen den Pflug gezogen. „Fast noch schlimmer als im übrigen Deutschland sah es in Böhmen aus. Hier herrschte ein solches Elend, wie es noch keine Umwälzung bis dahin, selbst die furchtbaren Husitenkriege nicht, bereitet hatte. Tausende von Dörfern waren verbrannt oder so verwüstet, daß viele derselben garnicht mehr erstanden. Die Städte waren fast alle entweder ganz oder Zum Teil in Schutthaufen verwandelt, aus welcher sie sich lange Zeit zu einer der früheren ähnlichen Gestalt nicht wieder erheben konnten. Die Bevölkerung der Städte und der Dörfer, so oft aus ihren Wohnsitzen verscheucht und ihrer ganzen Habe beraubt, schmolz durch Hunger und Not, durch das Schwert des Feindes und jegliche Drangsal dermaßen zusammen, daß von drei Millionen Einwohnern, welche man in Böhmen vor diesem Kriege zählte, nur etwa 8oo Ooo Seelen übrig blieben. Der größte Teil dieser Bevölkerung lebte in drückender Armut. Die Städte flattert ihre vermögendsten Klassen meist schon durch die Auswanderung der Protestanten verloren, es sehlte seitdem dem Gewerbe und dem Handel an dem früheren Kapital, und die Drangsale, welche hierauf folgten, drückten den Gewerbefleiß nieder, so daß endlich dadurch die Kunstfertig« feit, und hiermit die Möglichkeit eines neuen Aufschwunges in weite Ferne gerückt wurde. Der Bauer hatte seine Bespannung, sein Vieh, sein Ackergerät eingebüßt und konnte daher in seiner verwahrlosten Wirtschaft nicht so leicht wieder aufkommen; vieler Orten mußten die Bauern sich selbst vor den Pflug spannen." (Dr. Hosfmann, Deutsche Geschichte.) 2, Sittliche Einbuße. In den langen Kriegsjahren war ein großer -Leil des Volkes furchtbar verwildert. Das böse Beispiel der Soldaten verleitete zu Raub, Diebstahl, Unsittlichkeit, zum Fluchen und Schwören, zum Branntweintrinken und anderen Lastern. In sehr vielen Crteu gab es keine Kirchen und Schulen, keine Geistlichen und 2 ehr er mehr, daher blieb die Jugend unwissend, roh und ohne Gottesfurcht. Auch die Lust und Frende an der Arbeit war bei vielen geschwunden, weil niemand wußte, ob er die Früchte feiner Arbeit auch würde genießen können. Daher finden wir in den Städten neben dem größten Elende oft ausfallende Verschwendung. Der mißhandelte Bürger und Bauer hatte den Höhergestellten gegenüber jedes Selbstgefühl verloren und zeigte
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