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1. Handbuch der deutschen Geschichte - S. 253

1898 - Breslau : Goerlich
- 253 — Sohn Joseph Ii. wurde 1765 Mitregent. Er verbesserte das Heerwesen nach dem Muster Friedrichs des Großen, drang auf Einfachheit im Hofhalt, auf Beschränkung der Kteiderpracht und suchte überall tüchtige Beamte heranzuziehen. Als 1770 in Böhmen und Mähren eine Hungersnot ausbrach, öffnete er die Kriegsmagazine, ließ billiges Getreide aus Ungarn nach Böhmen bringen, nötigte die reichen Guts-besitzer, für einen festgesetzten Preis den Armen Getreide abzulaffeu und ließ 60 000 Gulden in Mähren verteilen. Vor allem suchte er sich durch Reisen auf feilten Herrscherberuf vorzubereiteu. Er besuchte uicht nur Ungarn, Böhmen und Mähren, sondern auch Italien, Holland, Frankreich, Spanien; meistens reiste er als schlichter Privatmann unter dem Namen eines Grasen von Falkenstein. Dabei war er rastlos thätig, menschenfreundlich und leutselig gegen jedermann, jeder hatte zu ihm ungehinderten Zutritt; überall war er bereit zu helseu, wo eres vermochte, das Wohl seiner Unterthanen ging ihm über alles, stets war er von dem besten Willen beseelt. Dennoch ist es ihm nicht gelungen, seine wohlmeiuenbett Absichten zu erreichen, weil er überall zu rasch verfuhr, mit einem Schlage alles änbern wollte, ohne Rechte und Sitten der Völker und Stände zu fchonen, ohne durch vorbereitende Maßregeln feinen Schöpfungen erst das notwendige Fundament zu schaffen. Josephs Reformen der bürgerlichen Verhältnisse waren zunächst dem Haudel und Gewerbefleiße zugewandt. Er ließ Fabriken anlegen, errichtete im Orient Konsulate, legte in Dalmatien einen ttenett Hasen an, gründete selbst in China Handelsniederlassungen, knüpfte Handelsverbindungen in Ostindien an, dabei aber erschwerte er die Einfuhr fremder Produkte; die fremden Weine, die er selbst besaß, schenkte er an das Hospital. Ebenso beförderte er Künste und Wissenschaften. Zur Hebung der Akademie der Künste setzte er Preise für die Künstler ans. Er gründete Bibliotheken und Sternwarten, stiftete die Universität zu Lemberg, die medizinisch-chirurgische Militärakademie zu Wien, sowie eine große Anzahl von Schulen und Wohlthätigkeitsanstalten. Er beschränkte 1781 die Bücherzensur und gestattete freie Urteile, wobei er freilief) den Mißgriff machte, den Nachdruck zu gestatten, damit das Geld im Lande bliebe. Zugleich wurde das Gerichtswesen neu gestaltet, neue Gesetzbücher wurden ausgearbeitet, die Todesstrafe abgeschafft. Er führte Gleichheit aller vor dem Gesetze ein; aber auch hier verfuhr er durchaus rücksichtslos, so daß man z. B. Barone ttnd Grafen neben Leuten der niedrigsten Stände, wenn sie sich gleicher Verbrechet! schuldig gemacht hatten, die Straße kehren sah. Auch die Leibeigenschaft wurde aufgehoben. Er führte die Begründung der Abgaben auf die Grundsteuer nach dem Umfange und Ertrage des Bodens ein. Vor allein erschien ihm die Abgeschiedenheit und verschiedene Gestaltung der einzelnen von ihm beherrschten Länder als ein Hindernis für die gleichmäßige Durchführung feiner Reformen. Er zerstörte daher die Nationalität und wollte alle feine Länder zu einem einzigen Reiche, in dreizehn Regierungsbezirke, vereinigen, in welchem überall Gleichheit
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