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1. Deutsche Stammesgeschichte, deutsche Kaisergeschichte - S. 36

1894 - Gera : Hofmann
36 Erstes Buch. I. Abschnitt: Aus der deutschen Urzeit. als bei den Hellenen und den Italikern und namentlich auch von den Kelten durchgängig ins Lager mitgeführt ward, war hier gleichsam das Haus, wo unter dem übergespannten Lederdach neben dem Gerät Platz sich fand für die Frau und die Kinder und selbst für den Haushund. Die Südländer sahen mit Verwunderung diese hohen schlanken Gestalten mit den tiesblonden Locken und den hellblauen Augen, die derben stattlichen Frauen, die den Männern an Größe und Stärke wenig nachgaben, die Kinder mit dem Greisenhaar, wie die Italiener verwundernd die flachsköpfigen Jungen des Nordlandes bezeichneten. Das Kriegswesen war wesentlich das der Kelten dieser Zeit, die nicht mehr wie einst die italischen barhäuptig und bloß mit Schwert und Dolch fochten, sondern mit kupfernen, oft reich geschmückten Helmen und mit einer eigentümlichen Wurfwaffe, der Materis; daneben war das große Schwert geblieben und der lange schmale Schild, neben dem man auch wohl noch einen Panzer trug. An Reiterei fehlte es nicht; doch waren die Römer in dieser Waffe ihnen überlegen. Die Schlachtordnung war wie früher eine rohe, angeblich eben so viel Glieder tief wie breit gestellte Phalanx, deren erstes Glied in gefährlichen Gefechten nicht selten die metallenen Leibgürtel mit Stricken untereinander verknüpfte. Die Sitten waren rauh. Das Fleisch ward häufig roh verschlungen. Heerkönig war der tapferste und womöglich der längste Mann. Nicht selten ward, nach Art der Kelten und überhaupt der Barbaren, Tag und Ort des Kampfes vorher mit dem Feinde ausgemacht, auch wohl vor dem Beginn der Schlacht ein einzelner Gegner zum Zweikampf herausgefordert. Die Einleitung zum Kampf machten Verhöhnungen des Feindes durch unschickliche Geberden und ein entsetzliches Ge-lärm, indem die Männer ihr Schlachtgebrüll erhoben und die Frauen und Kinder durch Aufpauken auf die ledernen Wagendeckel nachhalfen. Der Kimbrer focht tapfer — galt ihm doch der Tod auf dem Bett der Ehre als der einzige, der des freien Mannes würdig war —, allein nach dem Siege hielt er sich schadlos durch die wildeste Bestialität: das Gerät ward zerschlagen, die Pferde getötet, die Gefangenen aufgeknüpft oder nur aufbehalten, um den Göttern geopfert zu werden. Es waren die Priesterinnen, greise Frauen in weißen linnenen Gewändern und unbeschuht, die, wie Jphigenia im Skythenland, diese Opfer vollzogen und aus dem rinnenden Blut des geopferten Kriegsgefangenen oder Verbrechers die Zukunft wiesen. Wie viel von diesen Sitten allgemeiner Brauch der Barbaren, wie viel von den Kelten entlehnt, wie viel deutsches Eigen sei, wird sich nicht ausmachen lassen; nur die Weise, nicht durch Priester, sondern durch Priesterinnen das Heer geleiten und leiten zu lassen, darf als unzweifelhaft deutsche Art angesprochen werden. So zogen die Kimbrer hinein in das unbekannte Land, ein ungeheures Knäuel mannigfaltigen Volkes, das um einen Kern deutscher Auswanderer von der Ostsee sich zusammengeballt hatte, nicht unvergleichbar den Emigrantenmassen, die in unsern Zeiten ähnlich belastet und ähnlich gemischt und nicht viel minder ins Blaue hinein übers Meer fahren; ihre schwerfällige Wagenburg mit der Gewandheit, die ein langes Wanderleben giebt, hinüberführend über Strome und Gebirge, gefährlich den zivilisierteren Nationen wie die Meereswoge und die Windsbraut, aber wie diese launisch und unberechenbar, bald rasch vordringend, bald plötzlich stockend oder seitwärts und
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