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1. Deutsche Stammesgeschichte, deutsche Kaisergeschichte - S. 240

1894 - Gera : Hofmann
240 Erstes Buch. Iv. Abschnitt: Bilder aus dein Äarlingischeu Weltreiche. Im Jahre 855 starb Kaiser Lothar, von der Welt verachtet, ein Büßer, in der ehrwürdigen Karlingischen Familienabtei Prüm, mitten in der Waldeinsamkeit der Eifel. Er hinterließ drei Söhnen je einen Teil seines Reiches, dem kräftigen Ludwig Ii. Italien, Karl Burgund und die Provence, endlich Lothar Ii. das nördliche Drittel, das Land der Franken und Friesen, Lotha-ringien genannt. In Lothar Ii. erhielt Lothringen, durch seine Lage vorherbestimmt zum Zankapfel zwischen der westlichen und östlichen Linie der Karlinge, einen Herrscher, der die hassenswerten Eigenschaften seines Vaters in erhöhtem Maße besaß. Seine Ehehändel entsittlichten Laienadel und Klerus; als er im Jahre 869, meineidig vor seinem Land und dem sittenstrengen Papst Hadrian Ii., schnellen Todes starb, da war die Frage der Thronfolge völlig unübersichtlich und dadurch offen. Sofort stürzte sich der ostfränkische wie der westfränkische Oheim gleich gierig auf das Erbe. Anfangs erhielt Karl der Kahle einen Vorsprung vor Ludwig dem Deutschen: schon ließ er sich als lothringischer König in Metz krönen und nahm im kaiserlichen Aachen die Huldigung der Großen entgegen. Aber es gelang ihm nicht, den Raub gänzlich zu wahren, Ludwig der Deutsche drohte mit Krieg, und im Vertrage zu Merfen vom Jahre 870 kam es zur Teilung des Landes. Aber diese Teilung zwischen Ost- und Westfronten war noch nicht endgültig. Als Ludwig der Deutsche im Jahre 876 verschied und das Ostfrankenreich zerteilt unter feine drei Söhne Karlmann, den jüngeren Ludwig und Karl zurückließ, da glaubte Karl der Kahle, nun der letzte überlebende Sohn des frommen Kaisers Ludwig, den Augenblick gekommen, um ganz Lothringen dem Westreich einzuverleiben. Aber er fand in dem jüngeren Ludwig einen unerwartet kräftigen Gegner. Selbst feig und längeren Widerstandes unfähig, ward er bei Andernach geschlagen und entfloh in die westliche Heimat. Bald daraus, im Jahre 877, ist er gestorben. Nun folgten Wirren in Wests ranken, während deren der jüngere Ludwig von einer Partei der Großen als westfränfifcher König ins Land gerufen ward. Und konnte er auch die Kaiserkrone eines neuen Gesamtreiches nicht erringen, so erwarb er doch gleichsam als Entschädigung dafür im Jahre 890 auch den im Merfener Vertrage noch westfränkifch gebliebenen Teil Lothringens. Das ist die für die deutsche Geschichte maßgebende Begebenheit. Von nun ab gehörte zum ostfränkisch-deutschen Reiche von Nordburgund ab alles Land östlich der Maas und westlich derselben in ihrem Oberlauf noch ein Streifen von mehreren Meilen Breite, sowie westlich von ihrem Unterlauf alles Land bis zur Schelde. Es ist die Westgrenze des deutschen Reiches im Mittelalter, sie umfaßt noch das französische Verdun, sie begreift ganz das reiche Brabant, ja noch Teile des nordöstlichen Flanderns, sie verschiebt gegenüber der früheren Abmarkung die strategische Stellung des Reichs gegen Frankreich vom Rhein zur Maas: Jahrhunderte hindurch hat sie Deutschland militärisch gesichert. Freilich war es selbstverständlich, daß die westfränkischen Herrscher Lothringen noch lange zu erobern trachten würden; erst K'önig Heinrich I. hat das Land dem Reiche endgültig gewonnen. Mit diesem langen Zwist aber war der alte Karlingische Reichsverband, der formell noch immer bestand,
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