Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Deutsche Stammesgeschichte, deutsche Kaisergeschichte - S. 417

1894 - Gera : Hofmann
I. Heinrich Iv. 5. Gregors Ausgang; seine Persönlichkeit. 417 so feuriger Geist — die späten Jahre schienen die Glut besselben nur heller anzufachen — mußte notwenbiger Weise, wo er eingriff, Verwirrungen hervorrufen und enblich im Ringen mit den Mächten, die er ringsum gegen sich aufreizte, zu Grunbe gehen. Selbst viele, mit benen Gregor in den wesentlichsten Punkten ein» verstauben war, haben die Gewaltsamkeit und Hitze feines Verfahrens nicht gebilligt. Wie früher mit Petrus Damiani, ist er später mit Lanfrank und mit den Cluniacenfern nicht immer in gutem Vernehmen geblieben; mit Desiberius von Monte Cassino geriet er mehr als einmal in Streitigkeiten, und noch über den Toten hat der Abt tabelnbe Worte verlauten lassen. Rom, das Hilbebranb lange gehulbigt, verfluchte zuletzt ihn und sein An-benken. Wie man auf der einen Seite feine Hartnäckigkeit tabelte, so beschulbigte man ihn auf der anberen Seite einer fchwankenben und zwei-beutigen Politik. Mochten aber auch die Beweggründe Gregors von feinen Freunben als rein anerkannt werben, die feiner Gehilfen erschienen selbst biefen nicht immer im besten Lichte. Hugo von Lyon, der feine Anatheme über ganz Frankreich und Burgund ausstreute, galt für einen übermütigen und ehrgeizigen Priester, und Richarb von Marseille, der Legat in Spanien, scheint keinen anberen Ruf gehabt zu haben. Die enge Verbinbung Gregors mit Gisulf von Salerno, einem verruchten Menschen, und Wilhelm dem Eroberer, besten tyrannische Grausamkeit weltkunbig war, gab noch größeren Anstoß. Gregor hegte eine gewisse Vorliebe für harte Charaktere. Als jener Gerbob, welcher den jungen Grafen Arnulf von Flanbern erschlagen hatte, nach Rom kam, reuig feine Verbrechen bekannte und sich jeber Strafe unterziehen wollte, befahl der Papst, ihm die fchulbige Hand abzuhauen, bestimmte aber zugleich im Geheimen, daß die Strafe nicht vollstreckt werben solle, wenn Gerbob im Augenblick, wo sie ihm brohe, nicht zucke; Gerbob zuckte nicht, als das Beil schon erhoben war, und Gregor, barüber hocherfreut, schickte ihn nach Cluny. Gregor sah die Erfolge, die er bereits erlangt hatte, selbst noch wieber in Frage gestellt. Als er starb, ftanb die Sache, der er gebient hatte, wahrlich übel genug; die Zahl seiner Anhänger war zusammengeschmolzen, und die wenigen, die treu in allen Gefahren bei ihm ausgehalten hatten, waren entmutigt. Von den großen Männern, welche in die Weltgeschichte mächtig eingegriffen haben, haben fast alle greifbare Resultate ihrer Wirksamkeit hinterlassen; Gregor, der ein geistliches Kaiserreich aufzurichten gebachte, ließ nichts als ein politisch-kirchliches System zurück, aber ein System, bessert Voraussetzungen weit in frühere Jahrhunberte zurückreichen und besten Folgen noch in unseren Tagen sich fühlbar machen. Er gehört nicht zu den Geistern von ursprünglich schöpferischer Kraft, aber in vorderster Reihe muß man ihn benen zuzählen, die den fchwankenben Gebanken von Taufenben eine entfchiebene Richtung gaben und baburch die Entwicklung der Menschheit in anbere Bahnen lenkten. Seine wesentlichste Bebeutung für den Gang der Geschichte ist, daß er einen Bruch in die bisherigen Welt-Verhältnisse brachte, nach welchem das beutfche Kaisertum fein durch ein Jahrhundert behauptetes Prinzipat im Abenblanbe nicht in gleicher Weise festhalten konnte. Bilder a. d. Gesch. d. deutschen Volkes. I. 27
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer