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1. Deutsche Stammesgeschichte, deutsche Kaisergeschichte - S. 592

1894 - Gera : Hofmann
592 Rückblick auf die Kaisergeschichte. werden muß, daß jene Geschichtschreibung wesentlich eine kirchliche und eine vom Hof beeinflußte, also keine unparteiische war, hält dagegen eine Anzahl anderer bedeutender Forscher den Eindruck fest, den wir aus jenen gleichzeitigen Quellen gewinnen. Sie suchen dann also die Ursachen und die wirklichen Symptome des Verfalls, wenn sie einen solchen annehmen, später. Im allgemeinen wird bei dieser Ansicht die Schwächung des Kaisertums im Kampfe des Papsttums als der Wendepunkt der früheren großartigen und segensreichen Entwickelung bezeichnet. Bestimmter dagegen hat Ficker das Ende des zwölften Jahrhunderts als solchen fixiert; denn er sieht in der Erwerbung des sizilischen Königreiches durch das staufische Haus „eine Störung der früheren Verhältnisse, hinter deren Bedeutung alle anderen weit zurückblieben, und die den Weiterbestand des Kaisertums in alter Weise unmöglich machte". Endlich aber ist doch auch nach diesen so verschiedenen Ausführungen einer wesentlich negativen Auffassung die Ansicht vertreten' worden, daß die Entwickelung unseres Volkes auch nach der Auflösung oder Schwächung der kaiserlichen Gewalt im dreizehnten und in den folgenden Jahrhunderten * eine der ganzen inneren Anlage unseres Geistes wesentlich entsprechende geblieben sei, reich an positiven Kräften und ebenso positiven Resultaten. Diese Meinung, die Roth mit den Äußerungen Niebuhrs wiedergab und als die vorherrschende seiner Zeitgenossen bekämpfte, ist neuerdings von den verschiedensten Seiten her mit Nachdruck ausgesprochen und vertreten worden. Leo wies darauf hin, daß „das spätere Königtum, Fürsten- und Städtetum in seiner Art ebenso angemessen ist, als das frühere war, wenn man es nur nicht an falschen Maßen mißt". Er behauptet, „daß gerade das Schöne und Lebendige der neuen Rechtsgestaltung im übrigen Reich übersehen und gerade der revolutionärste und oft innerlich höchst gewaltsame Teil der Umbildung, nämlich die Stellung und innere Umbildung der Städte, ganz ungerecht gepriesen und gefeiert werde". Gierke spricht ebenso von den drei Jahrhunderten, welche dem Fall der Staufer folgten, mit der größten und freudigsten Bewunderung; aber er sieht in ihnen vor allem „die innere und äußere Selbstbefreiung des deutschen Volkes: — ohnmächtig ward jede von oben und außen kommende Macht; aber von unten und innen organisierte das Volk sich selbst in freiester Selbsthülse, gebar es aus sich selbst die bewegenden Ideen einer reicheren Zukunft". „Wenn," schließt er dann seine weiteren Ausführungen im entschiedenen Gegensatz gegen Leo, „wenn wir von diesen Gesichtspunkten aus die Genossenschaftsbewegung dieser Periode darzustellen versuchen, müssen wir von den städtischen Gemeinwesen ausgehen, die uns als Trägerinnen der neuen Ideen, als Mittelpunkt der ganzen Bewegung gelten." Man sieht, von wie verschiedenen Seiten die lange Reihe unserer politischen Gestaltungen betrachtet werden kann. Schon wegen der reichen Fülle dieser sich zum Teil so widersprechenden Anschauungen werden wir zu der Vermutung gedrängt, daß jede der Perioden, die entweder dem einen oder dem anderen Beobachter als die wichtigste und erfreulichste erschien, sich in einer Mächtigkeit ihrer Bildungen bewegte, wie sie sonst kaum anderswo hervortritt. Sind die Urteile, welche wir nebeneinander stellten, alle das Resultat einer langen methodisch eindringenden Forschung, so wird eben deshalb weiter auch die Annahme berechtigt erscheinen, daß in gewissem Sinne ihnen allen eine
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