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1. Teil 2 - S. 8

1890 - Breslau : Goerlich
n — 8 — Das Land gelangte rasch zu bedeutender Blüte; Getreide, Obst und Wein wurden in großer Menge angebaut; Fischerei und Schiffahrt brachten dem Lande hohe Summen ein, Handel und Gewerbe blüheten, und der Orden hatte damals größere Einkünfte als der reichste König in Europa. Die Bewohner waren uugemein wohlhabend. Man erzählt, daß einst der Hochmeister mit einigen Rittern auf einem Ausfluge zu einem Bauern kam und sich bei ihm zu Tische einlud. Das Mahl war einfach, aber gut; man faß auf Brettern, die über Tonnen gelegt waren. Nach dem Essen sprach der Hochmeister zu seinem Wirte: „Ich höre, du sollst ein reicher Mann sein, wo hast du dein Geld verborgen?" Der Bauer antwortete: „Ich habe nichts verborgen; was ich besitze, liegt offen da." Dabei zeigte er auf die Brettersitze. Man hob die Bretter ans, und zum Erstaunen der Gäste waren elf Tonnen ganz und die zwölfte halb mit Goldstücken gefüllt. Der Hochmeister ließ ihm auch die zwölfte Tonne füllen, was der Bauer gar nicht zugeben wollte. Diese Blüte des Landes dauerte leider nur kurze Zeit. Die Ritter wurden durch den Reichtum übermütig und verweigerten ihren Vorgesetzten den Gehorsam; sie bedrückten oft die Bürger und Bauern, und dies hatte zur Folge, daß der Adel und die Städte des Landes sich gegen den Orden verbanden. Als es nun zu mehreren Kriegen gegen die Polen kam und der Orden besiegt wurde, stellten sich die Städte aus Seiten der Ordensfeinde. Von außen und innen angegriffen, mußte der Orden zuletzt unterliegen. Westpreußen wurde an Polen abgetreten, Ostpreußen blieb zwar dem Orden, aber der Hochmeister war vom Könige von Polen abhängig. Das Land war durch die langen Kriege schrecklich verwüstet, und die Bewohner waren verarmt. Einer der Hochmeister, Albrecht von Brandenburg, war mit Luther bekannt geworden. Er trat zu dessen Lehre über und erklärte das Herzogtum Preußen für einen weltlichen Staat. Ein großer Teil der Bewohner nahm gleichfalls die lutherische Lehre an; die meisten Ordensritter aber verließen das Land. Das Geschlechts Albrechts herrschte nicht lange; sein Sohn wurde blödsinnig und starb kinderlos. Das Land fiel an die Kurfürsten von Brandenburg, die schon früher ihre Anrechte gesichert hatten. 9. Georg Wilhelm. — Der dreißigjährige Krieg. Der Nachfolger Johann Sigismunds war Georg Wilhelm (1619—1640). Während seiner ganzen Regierungszeit wütete in Deutschland der dreißigjährige Krieg, der unser Vaterland an den Rand des Verderbens gebracht hat und dessen Folgen durch länger als 200 Jahre fühlbar waren. Die Ursache des dreißigjährigen Krieges war die Feindschaft zwischen den Katholiken und Protestanten in Deutschland. Sowohl die protestantischen als die katholischen Fürsten hatten sich zu gegenseitiger Unterstützung untereinander verbündet, und es bedurfte nur eines Anlasses, um die Feindseligkeit zum offenen Ausbruch zu bringen. Diese Veranlassung gab die Empörung der böhmischen Protestanten gegen den deutschen Kaiser im Jahre 1618 (vergl. S. 70). Anfangs wurde der Krieg in Böhmen geführt, und heißt der böhmisch-deutsche Krieg; dann kamen die Dänen nach Deutschland, und es entstand der dänisch-deutsche Krieg; später setzten die Schweden den Krieg fort, weshalb man ihn den schwedisch-deutschen Krieg nennt; zuletzt erschienen die Franzosen auf dem Kampfplatze, und es gab auch einen französisch-deutschen Krieg. Brandenburg litt in diesem Kriege entsetzlich. Beim Ausbruche des Krieges besaß der Kurfürst fast gar keine Kriegsmacht, denn Soldaten in unserem Sinne gab es damals nicht. Entstand in jener Zeit ein Krieg, so ließ der Fürst bekannt machen, daß er Soldaten brauche; dann meldete sich, wer sonst nichts als das Kriegshandwerk treiben konnte oder wollte, erhielt ein Handgeld und monatlichen Sold und wurde Soldat. Diese Söldner fochten nicht aus Liebe zum Vaterlande, nicht aus Gehorsam gegen ihren Fürsten,
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