1914 -
Berlin
: Union Dt. Verl.-Ges.
- Autor: Bär, Adolf
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrerbuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Deutsche Geschichte
- Inhalt: Zeit: Mittelalter
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Teil in ausgezeichneter Weise. Nur ein Fehler war begangen: es fehlte an einer einheitlichen Oberleitung, die ja freilich dem Namen nach in den Hcntden Adhemars lag, doch eine Führung in militärisch-strategischer Hinsicht konnte er nicht bieten. So erkannten die Kreuzfahrt eigentlich keinen Führer an, der einzelne oder doch einzelne Haufen waren auf sich gestellt, mau gesellte sich, zu wem man wollte, und der einzige Zusammenhalt war der gemeinsame Wunsch, das gemeinsame glühende Verlangen nach dem einen großen Ziele, der Erreichung und Befreiung des Heiligen Landes.
Z. Die Kreuzfahrer im griechischen Reiche.
Au der Morawa und Maritza entlang strömten nuu diese gewaltigen Heere auf Konstantinopel zu. Kaiser Alexius erschrak, denn auf so unermeßliche Scharen hatte er nicht gerechnet. Zwar konnte er wohl erwarten, daß sie geeignet seien, die Seldschncfen zu besiegen, aber wie, wenn sie gewillt waren, sich selbst in Kleiuasien festzusetzen? Es galt für Alexius, zu überlegen, wie er sich zu ihnen stellen solle.
Erwägungen des Alexius:
Er legte sich die Frage vor, ob er das Kreuzheer als eine selbständige Macht oder als seine Hilfstruppe zur Wiedereroberung der den Seldschncfen in die Hände gefallenen Gebiete ansehen solle.
Er entschied sich für das letztere; denn er hatte sie gerufen, in erster Linie zu seiner Hilfe waren sie nach seiner Meinung gekommen, denn er wußte nichts von ihrer religiösen Begeisterung.
So beschloß er, ihnen zwar freundlich zu begegnen — denn ihre Zahl war furchtbar —, aber ihnen nicht zu gestatten, selbständige Politik zu treiben, eigene Staaten zu gründen, vor allein nicht in Kleinasien. Alles, was die Kreuzfahrer eroberten, mußte für das griechische Reich erobert werden.
Zu diesem Zweck beschloß er, das abendländische Lehnswesen nach Byzanz zu übertragen; die Kreuzfahrer sollten ihm im voraus den L e h n s e i d für die zu erobernden Gebiete leisten.
Wie würden sich die Fürsten zu diesem Verlangen stellen?
Mußte nicht dieses Verlangen Zwiste zwischen ihm und den Kreuzfahrern hervorrufen, die später verderblich für beide Teile werden konnten und mußten?
Alexius brauchte die Kreuzfahrer zum Kampf gegen die Seldschncken und jene ihn zur Verpflegung ltitb zum Geleit ihres Heeres im unwegsamen Kleinasien; Alexius hätte also richtiger gehandelt, wenn er mit den
Kreuzfahrern eine Teilung verabredet hätte, die ihm Kleinasien, ihnen da-
gegen Syrien und das begehrte Palästina ließ.
Hugo von Vermandois, Boömnnd, Stephan von Blois, Robert von Flandern leisteten ohne Zögern den Lehnseid, aber Gottfried, der als einer der ersten in Konstantinopel angekommen war, weigerte sich, ihn zu leisten, und erst nach zweimonatigen Kämpfen seines