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1. Der Uebergang zur Neuzeit - S. 71

1917 - Berlin : Union Dt. Verl.-Ges.
— 71 — Aneignens ihres Inhalts Zweck und Ziel der Beschäftigung mit diesen war, sondern die Eloquenz, die Fähigkeit, mündlich und schriftlich sich in möglichst elegantem Stil auszudrücken. Die größte Verachtung zog sich ein noch so Gelehrter zu, wenn er diese Fähigkeit nicht besaß, während andererseits der elegante Stilist — ganz abgesehen von seinem Wissen — die größte Bewunderung genoß. Beide Fehler vermied der deutsche Humanismus, der bald — an Stelle des französischen, der, wie es zunächst schien, führend werden wollte, — die herrschende Stellung in der humanistischen Bewegung errang. Nach Deutschland) kam der Humanismus über die Niederlande, wo die (von Gert Groote gegründete) Gemeinschaft der „Brüder vom gemeinsamen Leben", die sich ganz besonders der Erziehung der Jugend widmeten, in Agricola und Hegius zwei hervorragende Lehrer des Griechischen hervorbrachte. Hierher stammte auch der bedeutendste deutsche Humanist, Desiderius Erasmus von Rotterdam, der zuerst das griechische Neue Testament herausgab. Schüler der beiben ersten waren Jakob Wimpheling und der bebeutenbe Dichter Rontab Eeltes. Neben Erasmus galt als Haupt des beutfchen Humanismus Johannes Reuchlin, der befonbers das Hebräische zum Gegenstand feiner Stubien machte. Und auch in ritterliche Kreise brang der Humanismus ein: Ulrich von Hutten bars zu den bebeutenbsten Humanisten gezählt werben. Und nicht zu vergessen sinb unter ihnen die großen Päbagogen Valentin Frieblanb von Trohenborf, Johannes Sturm, Michael Neanber und Hieronymus Wolf. Währenb der Humanismus in Italien sich von der Religion ab-tvenbete, benutzten die deutschen Humanisten die neugewonnene Kenntnis der alten Sprachen, in beren Kreis sie auch die hebräische einbezogen, um sich in das Stubium der Heiligen Schrift zu vertiefen und neue und tiefere Einsicht in das Wesen der Religion, des Christentums, zu gewinnen. Und nicht in eitlem Prunk mit ihrer Gelehrsamkeit und elegantem Stil fanden sie den Zweck ihrer Studien, sondern sie suchten die Bildung zu verbreiten, indem sie Lehrer der Jugend wurden und in dieser die Liebe zu den humanistischen Studien erweckten. Freilich die Scholastik, die noch immer ihren Sitz besonders auf den Universitäten hatte, gab nicht kampflos ihre Stellung auf, das zeigt die schlimme Anfeindung, die Erasmus und besonders Reuchlin erfuhren; dieser durch den getauften Juden Pfefferkorn, gegen den Reuchlin die hebräischen Schriften, die jener verbrannt sehen wollte, in Schutz nahm. Ein Erzeugnis aus diesen Streitigkeiten war die geniale Spottschrift der „Dunkelmännerbriefe", beren Mitverfasser Hutten war, eine Sammlung von angeblichen Briefen beutfcher Scholastiker an einen ihrer Führer, geschrieben im schlimmsten Küchenlatein und inhaltlich ein einziger Spott auf Charakter, Sitten und Anschauungen der Scholastiker, die durch diese Briefe der allgemeinen Lächerlichkeit preisgegeben wurden. Besonders dieser Schlag wirkte auf die Universitäten, die sich nun immer mehr dem Humanismus anschlossen, der dadurch erst den Sieg im deutschen Lande völlig errang.
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