1891 -
Münster i.W.
: Schöningh
- Autor: Werra, Josef, Wacker, Karl
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Schülerbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
- Inhalt Raum/Thema: Griechische Antike, Römische Antike
- Inhalt: Zeit: Antike
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Altertum.
Xxx.
Die Schauspiele zur Kailerzeil.
(L. Friedländer).
Für jeden Versuch, die Kultur der römischen Kaiserzeit zu schildern, ist eine möglichst umfassende Anschauung der Schauspiele unentbehrlich; nicht bloß weil sie den besten Maßstab für die Großartigkeit des damaligen Rom geben, sondern auch weil sie in so hohem Grade und in so vielen Beziehungen für die geistigen und sittlichen Zustände der Weltstadt charakteristisch sind.
Die Schauspiele, ursprünglich größtenteils zur Verherrlichung von Götterfesten eingeführt, hatten ihre religiöse Bedeutung so gut wie völlig verloren. Schon in der späteren Zeit der Republik waren sie das wirksamste Mittel zur Erwerbung der Volksgunst gewesen, und so benutzten sie auch die Kaiser, um das Volk in guter Stimmung zu erhalten. Aber die Schauspiele hingen bald nicht mehr von dem Belieben der allmächtigen Weltherrscher ab. Sie waren in dem kaiserlichen Rom schnell zur unabweisbaren Notwendigkeit geworden. In der Bevölkerung der Hauptstadt war das Proletariat überwiegend, und dieser Pöbel war wilder, roher und verdorbener als in den modernen Weltstädten, weil hier wie nirgend der Auswurf aller Nationen zusammenfloß, und doppelt gefährlich, weil er großenteils müßig war. Die Regierung sorgte durch die großen, regelmäßigen Getreideverteilungen für seinen Unterhalt, und die Folge war, daß sie auch die Sorge für seinen Zeitvertreib übernehmen mußte. Diesen gewährten die Schauspiele. Brot und Spiele (panem et circenses) sah man bald nicht mehr als Gnade der Regierung an, sondern als Recht des Volkes; jede neue Regierung mußte wohl oder übel die Hinterlassenschaft ihrer Vorgänger antreten, und in Pracht und Großartigkeit dieser Feste haben die besten Kaiser mit den schlechtesten gewetteifert. —
Ursprünglich waren die Spiele des Cirkus die vornehmsten von allen und darum der Beschluß jedes Volksfestes gewesen. In der letzten Zeit der Republik waren die damals schon mit ungeheurer Pracht und Verschwendung gegebenen Kämpfe der Gladiatoren bei der Masse am meisten beliebt. Die Bühnenspiele, obwohl auch sie noch in der Kaiserzeit eine große Anziehungskraft übten, standen doch erst in dritter Reihe. Außer diesen drei Hauptgattungen der Schauspiele hatten schon während der Republik aus Griechenland Athletenkämpfe und musikalische Aufführungen Eingang gefunden, die teils an besonderen periodischen Festen veranstaltet, teils mit anderen Schauspielen verbunden wurden. Bei größeren, glänzend