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1. Neuere Zeit - S. 3

1891 - Münster i. W. : Schöningh
Geiger: Der Humanismus in Deutschland. 3 Nichtachtung der Poesie gelangt; „wenn sie lieber", so hatte er gesagt, „Pferde und Hunde haben wollen als Dichter, werden sie auch ruhmlos wie Pferde und Hunde hinsterben." An den Adligen hatte er nur Roheit und Völlerei bemerkt und wurde nicht müde, Geschichtchen über die Trunkenheit der Deutschen in seine Briefe einzumischen. Diese verschiedenartigen Äußerungen sind nicht zufällige Ergüsse, die eine hervorgerufen durch fassungsloses Staunen, die andere durch unkritisches Übelwollen, das sich infolge der unfreiwilligen Entfernung von der Heimat verschärfte, sondern unzweideutige Bemerkungen der vollkommen entgegengesetzten Stimmung, die sich der Italiener beim Anschauen deutscher Verhältnisse bemächtigte, und die, im wesentlichen richtig, den geistigen Zustünden Deutschlands entsprach. Denn ein großartiger Umschwung hatte sich innerhalb dieser vierzig Jahre in Deutschland vollzogen. An Italien knüpfte die Veränderung an, denn nach Italien waren die jungen Deutschen eifrig und lernbegierig gezogen und glaubten ihre Bildung erst vollendet, wenn sie mit reichen Schätzen heimgekehrt waren; trotz dieser Zusammengehörigkeit aber, ja Abhängigkeit von italienischer Kultur, welcher Unterschied zwischen italienischer Renaissance und deutschem Humanismus! In Italien war es eine gewaltige Geistesströmung gewesen, welche, fast zwei Jahrhunderte hindurch unaufhörlich fließend, selbst die widerstrebenden Elemente mit fortreißend, schließlich dem Halt hatte gehorchen müssen, das elementare Kräfte thr geboten; in Deutschland eine Bewegung, die kaum ein halbes Jahrhundert andauernd, von gleich mächtigen Gegnern im Siegeslaufe aufgehalten, endlich durch eine entschiedenere, die ganze Nation fortreißende Erregung m andere Bahnen gelenkt wurde; in Italien hatte das Eindringen der Fremden der Renaissance ein Ende bereitet, in Deutschland trat an die Stelle des Humanismus die Reformation. Hier bezweckte die neue Bewegung, wenn sie auch nicht ausschließlich eine gelehrte war, doch zunächst nur eine Änderung der gelehrten Bildung, während sie in Italien eine Reform der gesamten Lebensanschauung und Lebensführung zur Folge hatte. In Italien waren alle, Geistliche und Laien, hoch und niedrig, geeint in demselben Streben — waren doch die Päpste, namentlich Julius Ii. (1503—1513) und Leo X. (1513—1521), in der Unterstützung der Studien und iit der Begünstigung ihrer Pfleger vorangegangen — in Deutschland dagegen waren die Humanisten selbst in Parteien gespalten, namentlich in Fragen, in denen Wissen und Glauben sich berührten. -tie größere Vertiefung indessen, die Hinneigung zum Volksgemüt, wie sie sich im deutschen Humanismus zeigt, erweckte die Volkslitteratur nicht zu neuem Leben. Während in Italien die bedeutendsten Humanisten von Dante an bis zum Ende der Renaissanceepoche, die einen freiwillig, die andern halbgezwuugen, der italienischen 1*
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