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1. Bd. 1 - S. XL

1883 - Leipzig : Engelmann
Xl Vorrede. das Feucr der Mannesjahre, so daß ich ohne Brille bei Tageshelle wie bei Lampenschein zu schreiben und den feinsten Druck zu lesen vermag. Dabei habe ich ein Gedächtniß, das mich alle Erlebnisse von den ersten Erinnerungen an wie in einem klaren Bach beschauen läßt, eine Gabe, die übrigens auch ihre Schatten hat bei einem Manne, der von jeher in allen Widerwärtigkeiten und unliebsamen Begegnissen immer die Schuld zunächst bei sich selbst suchte. Und daß ich viele Freunde besitze, habe ich bei Gelegenheit der Vollendung meiner „Allgemeinen Weltgeschichte" mit freudiger Erhebung wahrgenommen. Nicht nur, daß mir von vielen Seiten mündlich und schriftlich Glückwünsche dargebracht wurden; einige befreundete Herren veranstalteten zur Feier des Abschlusses ein Abendfest in unserem Museum, an dem siebenzig Personen aus Universitätskreisen, aus dem Beamten- und Lehrerstand, aus der Geistlichkeit und aus der Bürgerschaft Theil nahmen und das in schönster Harmonie verlief, gemischt mit Ernst und Humor. Es war einer der erhebenden Momente, die wie ein schönes Abendroth in das Alter Hereinschimmern. Mögen die Glückwünsche, die mir dargebracht wurden, ein gutes Omen für die Zukunft des Buches sein. Was mich selbst betrifft, so kann ich nur wiederholen, was ich im Jahre 1864 in einer Vorrede gesagt habe: „Wie viele Jahre und Tage das Schicksal mir noch beschieden hat, liegt im dunkeln Schooße der Zukunft verborgen; aber die Versicherung kann ich geben, daß ich nie von dem Unternommenen ablassen werde, so lange Leben und Gesundheit andauern. Die Beschäftigung mit dem liebgewonnenen Gegenstände ist für mich eine Quelle freudiger und erhebender Empfindungen. Man erzählt von einem Chalifen er habe am Ende einer fünfzigjährigen ruhmreichen Negierung nur vierzehn Stunden reinen und echten Glückes gezählt. Dazu macht Gibbon die Bemerkung: „Meine glücklichen Stunden haben die kärgliche Zahl des Mohammedaners weit überstiegen und keinen geringen Theil derselben verdanke ich der angenehmen Arbeit meines Geschichtswerkes." Diese Worte des großen Historikers finden auch auf mich ihre Anwendung. Es gibt kein dauerhafteres Glück als freudiges Schaffen in einem würdigen Berufe zu einem gemeinnützigen Zweck. „Bis hierher hat der Herr geholfen", darf ich mit den biblischen Worten ausrufen. Das Leben war für mich eine Schule, die mich erzog und in der ich viel gelernt habe. Die noch übrige Lebenszeit werde ich dazu verwenden, die bedeutenderen Schriften, welche seit dem Anfange meiner „Allgemeinen Weltgeschichte" über Las Alterthum und das Mittelalter erschienen sind, zu studiren und mit meiner eigenen Darstellung zu vergleichen, damit bei einer neuen Auflage die durch die rege Forschung unserer Tage gewonnenen Resultate und Verbesserungen verwerthet werden möchten, auch wenn ich selbst die Augen geschlossen haben sollte. Vor zehn Jahren habe ich mit meinem ältesten Sohne einige Schlachtfelder des großen Krieges besucht und, gehoben durch die gewaltigen Eindrücke, die Borrede zum Lehrbuch mit den Worten geschlossen: Und so möge denn das Geschichtsbuch seinen verjüngten Lebensgang unter günstigen Auspicien neugestärkt antreten und nicht unwürdig erscheinen „des erhabenen Moments der Zeit, in dem wir strebend uns bewegen". Seitdem ist die begeisterte Seelenstimmung vielfach gedämpft, das patriotische Hochgefühl hier und da mit einem Schleier überzogen worden.
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