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1. Bd. 1 - S. 568

1883 - Leipzig : Engelmann
568 Untergang der alten Welt. §. 315. Noch jetzt erklingen seine Lieder in den jüdischen Gotteshäusern, und sowohl in vielen Gedichten, als in seiner durch das ganze Mittelalter vielgelesenen, ins Lateinische übersetzten Schrift „der Quell des Lebens", im Geiste der Neuplatouiker, bewährte er eine kühn aufstrebende, mit sich ringende Natur. Mit der wachsenden Macht des Christenthums trat in dem spanischen Judenthum das mystische Element und das Streben nach einer Ausgleichung der christlichen und jüdischen Lehren mehr hervor. Dies geschah besonders in dem als Denker und Dichter gleich ausgezeichneten Juda Ha-Levi, dem Verfasser eines auch ins Deutsche übersetzten Liederbuchs (Divan), meistens religiösen Inhalts, und eines philosophischen Werkes in dialogischer Form, „Khosari", worin er auf die (historische) Bekehrung eines Chazarenkönigs zum Judenthum die Scenerie der Gespräche gründet, mild urtheilend über die mohammedanische und christliche Religion, wegwerfend über die griechische (aristotelische) Philosophie, die keinen zeitlichen Anfang der Welt zugestehe. Das jüdische Gesetz sucht er auf eine gemeinverständliche Weise als vernunftgemäß zu begründen. Juda Ha-Levi., geb. 1080 incastilien, gest. 1150 in Palästina, war ein in allen Wissenschaften jener Zeit unterrichteter und mit den religiösen Anschauungen der Juden, Christen und Mohammedaner vertrauter Mann. In der Sehnsucht nach dem heiligen Lande mit den Christen seiner Zeit übereinstimmend, unternahm er eine große Reise nach Aegypten und Palästina. Die Resultate seines Nachdenkens und seiner Erfahrungen legte er in dem erwähnten philosophischen Werke nieder, das im Judenthum wurzelnd und in arabischer Sprache verfaßt dem Geiste nach mehr dem Christenthume verwandt ist. — Noch zwei hellstrahlende Namen jüdischer Männer treten uns aus dem sinkenden Reiche der spanischen Moslemen entgegen, Aben Esra, geb. 1093 in Toledo, gest. 1167 in Rom, ein mit der vollen spanisch-arabischen Bildung ausgerüsteter, aber innerlich zerrissener und unruhig umhergetriebener Mann, an dem sich Spinoza's Geist herangebildet, und Moses Ben Mai-mum (Maimonides), geb. in Cordova 1135, gest. 1204 in Fostat (Alt-Kairo), gleich hervorragend als Arzt und Gelehrter, als Philosoph und Talmudist. Der erstere als Grammatiker und Exeget, als Philosoph, Mathematiker und Dichter berühmt, hat viele wissenschaftliche Werke verfaßt und zwar in der ihm fremden arabischen Sprache, die er zu dem Zweck erst lernte. In allen Fächern bedeutend, ein Mann voll Geist, Witz und Kenntnissen, gelangte er doch nie zur inneren Einheit, zum Frieden der Seele. Der Letztere, ein durch die aristotelische Philosophie gebildeter, in hebräischer und arabischer Wissenschaft vollständig unterrichteter Mann, versuchte eine Ausgleichung zwischen jüdischer Theologie und aristotelischer Weltanschauung. Nachdem er in zwei Riesenwerken, dem „Commentar zur Mischnah" und der „Mischnah Thora" oder Satzungen des Judenthums, jenes in arabischer, dieses in hebräischer Sprache verfaßt, die Resultate der religiösen Glaubenslehren und der talmudischen Gesetzes- und Lebensvorschriften entwickelt, um zu beweisen, „daß das mosaische Gesetz und die mündliche Ueberlieferung dem Volke Israel nicht offenbart fei, um es zu blindem Gehorsam zu verpflichten, sondern daß die gesammte Offenbarung der Inbegriff der erhabensten Wahrheit sei, daß das höchste Verdienst nicht in der Ausübung bestehe, sondern in der Erkenntniß der inneren Gründe des Gesetzes, und daß es daher die dringendste Pflicht der Israeliten sei, dasselbe zu durchforschen, um es nicht blos nach dem Worte, sondern im rechten Geist zu Üben"; schrieb' er, auf dem Höhepunkt des Lebens angelangt und als Leibarzt des Sultans Saladin in hohem Ansehen stehend, sein Hauptwerk Dhalala th Al Hajrin „Führer der Irrenden" in arabischer Sprache. Diese für die Ausbildung der Religionswissenschaft bedeutsame Schrift, die alsbald ins Hebräische und später ins Lateinische und andere Sprachen übersetzt wurde, suchte an der Hand der Bibel und des Aristoteles, die ihm beide als untrügliche Quellen und Führer erscheinen, die tieferen Grundlehren des Judenthums zu enthüllen und in vollständigen Einklang mit der griechischen Philosophie zu setzen, die scheinbaren Widersprüche auszugleichen und den Offenbarungsglauben mit der Wissenschaft zu versöhnen. Im Gegensatz zu dem jüdischen Gesetzeßdienst legte Maimonides in der Ethik und Pflichtenlehre den größten Nachdruck aus die Freiheit des Willens.
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