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1. Bd. 1 - S. 784

1883 - Leipzig : Engelmann
784 Das Mittelalter. §. 434 des Interregnums den jüngeren Titnrel, der lange Zeit für eine Arbeit Wolframs gehalten wurde und bis zum Schluß des Mittelalters eines der gelesensten Bücher war. — Wenn gleich auch der Parzival nicht frei von den Fehlern ist, die wir an dem ganzen Sagenkreise gerügt haben; wenn gleich auch'hier oft Begebenheiten an Begebenheiten gereiht sind ohne innern Zusammenhang und Entwickelung, ohne Ziel und Beweggründe; wenn gleich auch hier nur das höfische Nitterleben verherrlicht wird, das Volk ganz zurücktritt, so liegt dem Gedicht doch ein tiefsinniger Ernst, ein epischer Plan, eine hohe Idee zum Grunde und nirgends finden wir den Geist der Zeit, da Weltlichkeit und Kirchlichkeit so innig verbunden sind, deutlicher veranschaulicht als hier. Einen merkwürdigen Gegensatz zu Wolframs Parzival bildet „Tristan und Isolde" von Gottfried von Straßburg. Wie uns der Erstere den Ernst des Lebens vorführt, in seinem Helden die sittliche Größe, die Charakterfestigkeit und den Adel der Gesinnungen und Bestrebungen preist, aber seinen gehaltvollen Inhalt nicht selten in mystisches Dunkel kleidet und durch seine gehobene, feierliche Sprache das Verständniß seines Gedichts erschwert, so schildert Gottfried den Leichtsinn, die Charakterschwäche, die Sündhaftigkeit und die irdischen Freuden und Genüsse eines von der Liebe beherrschten, dem Sinnentaumel stöhnenden Paars, aber in zierlicher, gefälliger Sprache, in klarer und schöner Darstellung und mit einer bewunderungswürdigen Wahrheit der Beobachtung. „Meister" Gottfried, wahrscheinlich von bürgerlicher Abkunft, spricht sich selbst mißbilligend über Wolframs dunkle Manier und das träumerische Seelenleben seines Helden aus und theilt die Palme der Poesie dem Hartmann zu; aber wie sehr auch Gottfrieds Gedicht an Kunstfertigkeit und Vollendung der Form über dem Parzival steht — der sittliche Werth des Inhalts stellt das letztere dennoch höher. An gelehrten Kenntnissen übertraf der bürgerliche Dichter die Ritterfänger. Für die Erkenntniß jener Zeit der Minne ist dieses in Form vollendete und im Ausmalen und Schildern der Zustände eines auf Sinnlichkeit gegründeten Seelen- und Gefühlslebens unerreichte Gedicht höchst wichtig, lungenlied. §• 434. Die Nibelungen. In der Blüthezeit der höfischen Poesie, da die Minne die ganze 1 Dichtung beherrschte, erhielt unser altes Volksepos, die Nibelungen, seine heutige Gestalt in einer den Zeitbegriffen entsprechenden Umbildung (nach Lachmann um 1210-, wenn es gleich zu dem Minnegesang den reinsten Gegensatz bildet. Denn wie dieser durch zarte Empfindung und kunstreiche Form hervorragt, aber durch. Leerheit des Inhalts ermüdet und unbefriedigt läßt, so glänzt das Nibelungenlied durch die Großartigkeit seines Stoffes und die kräftige Charakterzeichnung, leidet aber an Eintönigkeit und Trockenheit der Sprache, an Armuth und Ungeschick in Reim und Versbau, an Ungefügigkeit und Kunstlosigkeit in Anlage und Form. Eben so verschieden ist es von dem höfischen Ritterepos, das wir in seinen bedeutendsten Erscheinungen soeben kennen gelernt haben. Denn während hier unnatürliche Verhältnisse durch Kunst und Talent interessant gemacht werden, erregen dort die mächtigen Heldengestalten und die großartige Natur des Gegenstandes ohne kunstvolle Einkleidung und Schilderung unsere innigste Theilnahme, unser tiefstes Mitgefühl. „In den Nibelungen stehen wir in einer Welt von Menschen, die nicht die Minne bewegt, sondern der Zwang der Verhältnisse, die nicht mit Grillen im Kampfe liegen, sondern mit dem Schicksal, die-nicht blind in Abenteuer stürzen, sondern in ein großartiges Verhängniß von einer außer ihnen liegenden Gewalt gestürzt werden." Auch darin ist das Nibelungenlied von den romantischen Ritterdichtungen verschieden, daß keine Einmischung der Persönlichkeit des Dichters darin zu erkennen ist, daß es, wie die gegenständliche Kunst der Alten, durch die unmittelbaren Eindrücke auf die Sinne und die Phantasie des Lesers zu wirken sucht. Der Bearbeiter ist unbekannt. Ganz ohne Grund hat man früher den Minnesänger Heinrich von Ofterdingen dafür genommen. Nach dem neuesten Stand der „Nibelungenfrage" hat der Minnesänger Kürenberger, auf Grund der Volksüberlieferung und einer lateinischen Bearbeitung der Burgundersage durch Meister Konrad von Passau, das Nibelungenlied frei in einer von ihm erfundenen Strophenform gedichtet. Inhalt Zu Worms am Rhein lebte der Burgunderkönig Günther mit seinen Brüdern Gernot und Gi sei her tob Gang mit vielen auserwählten Rittern, die ihm dienten, wie Hagen von Tronek und sein Bruder Dankwart, Dichtuna wie Boiler von Alzeie und Ortwrtn von Metz. Günther» Schwester war die schöne Kriemhtld, die unter a) Die der Obhut der Mutter Ute herrlich heranblühte. Noch ist die Liebe tn ihrem Herzen nicht erwacht. Als sie einst Eigfried- [turnte, sie habe einen Falken gezogen, der vor ihren Augen von zwei Adlern zerfleischt worden, und die Mutter ,a0t' kie Deutung gab, da» sei ein edler Mann, den sie verlieren werde, wenn ihn nicht Gott behüte, so will sie nicht» wissen von der Liebe Lust und Leid; sie will ohne Ritterminue bleiben ihr Lebenlang. Da kommt Sigfried von Santen (Xanten) „ntden b» dem Riue", der Sohn «igemund« und der Sigelinde, mit glänzendem Gefolgt nach Norm». Er hat eon der schönen Königltockter gehört und will um ihre Hand freien. Bei dem Einzug der Gottfried v. Straß-burg c. 1220.
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