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1. Bd. 1 - S. 831

1883 - Leipzig : Engelmann
$. 456. Verfall der Lehnsmonarchie und Entartung der Kirche. 831 Studium der griechischen Sprache und Literatur gegeben zu haben. Zu gleicher Zeit ward die flerenttntfche Geschichte von Johann Villani (7 134^) und Dino Compagni in der Landessprache vortrefflich bearbeitet. Die hohe Einfalt und redselige Breite in Sprache und Darstellung erinnert an Herodot. Villani war Guelfe und Demokrat, daher er auch über Dante fein sehr günstiges Urtheil fällte. Seine bis zum I. 1345 reichende Geschichte kann als europäische Chronik bezeichnet werden, da er auch die Vorgänge in ,,andern Ländern" erwähnt (§. 439 f.), wenn gleich seine Vaterstadt Florenz das Centrum und den Ausgangspunkt bildet. Durch diese Ausdehnung und die annalistische Form, welche mannichfaltige Abspringungen und Wiederholungen nöthig machen, erhielt das Werk einen novellenartigen Charakter. Es war eines der merkwürdigsten und verbreitetsten Geschichtsbücher des Mittelalters. Villani war ein praktischer Geschäftsmann, der in Rom und Neapel gelebt und Flandern und Frankreich gesehen hatte, vertraut mit der ganzen Bildung jener Tage und in Gesinnung und religiöser Anschauung, in Aberglauben und Wunderglauben ganz ein Kind seiner Zeit; gut und wacker suchte er allenthalben das Wohl seiner Vaterstadt zu befördern, war friedfertig und ein Feind aller Unruhe, aber „ein weiteres Staatsinteresse mißt er mit feinem Blick nicht aus". In den Büchern nahm er Vieles aus älteren Chroniken, namentlich dem Geschichtsbuch desric 0 r -danomalespini, auf. Matteo Villani (t 1378), der das Werk biszumj. 1363 fortführte, war seinem Bruder an Gesinnung, Rechtschaffenheit und Vaterlandsliebe gleich. Er beklagt den Verfall der alten Sitte und Bürgertugend, das Emporkommen des untern Volkes und die Abnahme der Staatskunst unter den Händen unerfahrener Neulinge. 9nit gleicher Gesinnung und dramatischer Lebendigkeit handelt auch der Florentiner Dino Compagni in seiner die Begebenheiten von 1280 bis 1312 umfassenden Chronik „von den Dingen, die sich zutrugen zu seiner Zeit" (§. 440). Dante. Was Dante besonders zur Höhe erhob, war die glückliche Welterziehung, die er wie die alten griechischen und römischen Schriftsteller in dem mannichfaltigsten Dienst eines republikanischen Vaterlandes genoß, eine Schule, welche den großartigen Charakter durch harte Prüfungen stählte und läuterte. Schon in seiner Jugend machte er im Dienste seiner Vaterstadt Florenz zwei rühmliche Gefechte mit. Dabei trieb er jedoch eifrig die Studien und seine Schriften geben Zeugniß von seiner außerordentlichen Vielseitigkeit und der geistigen Ausbildung, die schon seine Zeitgenossen in Erstaunen setzte. Was aber den wichtigsten Einfluß auf sein großes Gedicht hatte, was die eigentliche Grundlage desselben bildete, den historischen und epischen Stoff zu demselben lieferte, das war sein bewegtes politisches Leben und der thätige Antheil, den er an den Schicksalen und der Politik seines Vaterlandes nahm. Er wurde bald in die oberste Behörde des Staats gewählt und machte sich durch seinen Scharfsinn, seine reifen Ansichten, seinen durch tiefe Studien geläuterten, vorurteilsfreien Geist und seine Talente so bemerklich, daß ohne seinen Rath und Einfluß kein wichtiger Beschluß gefaßt, keine Gesandtschaft, keine Gesetzverbesferung unternommen wurde. In dieser vielfachen politischen Thätigkeit gewann er seine Ansichten über die Verhältnisse der Fürsten und Völker, der Kirche und des Reichs, über die Rechte und Pflichten der verschiedenen Stände, welche ihn unendlich hoch Über den engen Gesichtskreis seiner Vaterstadt und auf den festen Boden seiner gegründeten Ueberzeugung frei über alle Parteien, Meinungen und Leidenschaften seiner Zeit stellten. Diese Ansichten hat er in seinem berühmten Gedicht, die göttliche Komödie, in ein tiefpoetisches Gewand gehüllt. Systematischer hat er sie aber in einem Werke seines reiferen Alters, dem Tractat von der Monarchie, dargestellt, der daher in genauem Zusammenhang mit der göttlichen Komödie steht und zugleich mit seinen Briefen die Haupt-basiö zum Verständniß des schwierigen Gedichts bildet. In dem Chaos von großen und kleinen Leidenschaften, Bürgerkriegen im Innern, Angriffen und Verheerungen von Außen, Gewaltsamkeit und Grausamkeit der Tyrannen, Uebergriffen der Kirche sah Dante kein anderes Mittel, seine Nation wieder frei, einig und stark unter trefflichen Gesetzen zu machen, als daß er sie unter den Schutz eines allgemeinen Kaisers stellte, der, erhaben über alle Könige, Herzöge und Fürsten, also frei von allen Begierden, Leidenschaften und Parteilichkeiten, Gerechtigkeit übte und den Frieden, die Grundlage der Volksentwickelung, sicherte, und unter den Schutz der Kirche, welche aller Arroganz sich entäußerte, aller Einmischung in weltliche Angelegenheiten beraubt, sich desto wirksamer um das geistige Wohl der Völker bemühte. Die Grundidee versetzte der Dichter nach
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