1. Bd. 8
- S. uncounted
1916 -
Düsseldorf
: Bagel
- Autor: Rothert, Eduard
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geschichtsatlanten
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Die allgemeine Lage Ende 1915.
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Im Besitz des Vierbundes.
„ „ „ Vierverbandes.
Neutral.
Die allgemeine Lage Ende 1915.
Vor 8 Monaten erschien der erste Teil dieser Karten. In ihnen wurde die Ansicht geäußert, daß Deutschlands Feinde keine Ursache hätten, eine Verlängerung des Krieges zu wünschen, da sie nirgends sich als die Stärkeren erwiesen hätten. Demnach müsse ihnen jetzt ein Friede willkommen sein. Seitdem ist die Lage unserer Feinde nirgends besser geworden.
Eine Veränderung ist allerdings eingetreten, und wirklich mochten aus ihr die Gegner neue Hoffnung schöpfen. Italien, bislang unser Verbündeter, trat ehr- und schamlos auf die feindliche Seite. Es mochte hoffen, jetzt, da eine Erschöpfung der Kämpfenden nicht unwahrscheinlich, mit seiner Armee von 1200000 Mann dem Kriege eine Wendung geben zu können. In Wirklichkeit ist dies nicht geschehen. In furchtbaren Sturmangriffen hat es immer wieder, namentlich an der Isonzofront, die österreichischen Linien zu durchbrechen versucht, immer aber auf „Granit gebissen“. Dabei wurden seine Verluste jedesmal größer. In den Kämpfen Ende Juni bis Anfang Juli büßte es 40000 Mann ein, in den folgenden vom 18. bis zum 26. Juli 100000 Mann. Noch stärker war die dritte Offensive Ende Oktober bis Anfang November, aber auch noch viel größer seine Verluste, und auch die letzten Kämpfe (vierte Offensive), die sich vom 18. bis 30. November vorwiegend auf Görz und das Doberdo-Plateau vereinigten und mit Bewußtsein die offene Stadt zum Zwecke der „Erlösung“ nahezu vollständig zerstörten, brachten keine irgend erheblichen Erfolge. Das gesamte Ergebnis ist, daß Italien jetzt in einem halbjährigen Kriege mindestens 500000 Mann Verlust, ’dazu sein Geld und seine Ehre eingebüßt hat, daß dem aber kein nennenswerter Gewinn gegenübersteht. Erwägt man dazu noch die zahllosen wirtschaftlichen Nachteile, z. B. die Verteuerung*, so sollte doch jeder vernünftige Italiener eingestehen, daß die Fortsetzung des Krieges ebenso sinnlos wie verbrecherisch sei.
Dem benachbarten Frankreich ist ebensowenig wie den ändern Mächten des Vierverbandes aus dem Eingreifen Italiens irgendwelche unmittelbare Hilfe erwachsen. — Frankreichs politische Macht beruht auf seinem Heerwesen und seinen Finanzen. Es verborgte, im Gegensatz zu Deutschland, welches seine Ersparnisse zur Vergrößerung seiner Unternehmungen verwendete, die seinigen an Rußland und andere zweifelhafte Schuldner. Jetzt sind seine ausgeliehenen Milliarden großenteils rentenlos. Weitere Kriegsfolgen sind die eigene Verschuldung an die Vereinigten Staaten und der Verlust der wertvollsten Provinzen. Dieser finanzielle Rückschritt Frankreichs ist unbestreitbar, so groß auch die angeborene Gabe der Franzosen ist, über die wirklichen Verhältnisse mit wunderbarer Naivität hinwegzusehen. Noch fühlbarer aber und unbestreitbarer muß doch mehr und mehr der Abgang so unendlich vieler Menschenleben werden. Frankreich ist nicht so reich an Nachwuchs, daß der Tod von 500000 jugendlichen Männern und der sonstige Verlust der dreifachen Zahl sich nicht bemerkbar machte. Und auch diesem Verlust steht kein Gewinn irgendwelcher Art gegenüber. Selbst die paar Meter, die in den Septembertagen (25.—30./9.) von den Deutschen zurückgewonnen wurden, sind großenteils wieder aufgegeben.
Noch zweifelhafter sind die Fortschritte Englands. Allerdings hat es unsern Kolonialbesitz wesentlich geschädigt. Ob dagegen sein Besitz in Indien sicherer geworden, entzieht sich der Beurteilung. Jedenfalls aber hat seine leichtsinnige und gewissenlose Politik es bewirkt, daß das Schwergewicht des Geldmarktes von Europa nach Amerika verlegt wurde, und daß den ostasiatischen Markt mehr und mehr die Japaner gewinnen. Da den Engländern die Geldfragen in erster Linie gelten, werden sie es doppelt schmerzlich empfinden, daß sie für das Darleihen des Geldes jetzt gegen früher mehr wie das Doppelte zahlen müssen, und es muß schon recht schlimm aussehen, wenn ein Staatsminister im Parlament die Möglichkeit eines Staatsbankerottes auch nur berühren und versichern konnte, davor nicht zurückschrecken zu wollen, wenn er nur siege.
Daß Rußlands Lage im Laufe des Jahres besser geworden, wird auch der verlogenste Deutschenfeind nicht behaupten. Die wertvollsten Provinzen im Westen sind in deutschen Händen. Das Geld ist so knapp geworden, daß auch England nur dann noch borgt, wenn es die Zahlung seiner Forderungen sichern will. Millionen seiner Krieger sind gefallen oder in deutsch-österreichischen Händen, und als ob der Verlegenheiten noch nicht genug wären, sind viele andere Millionen russischer Untertanen, nachdem ihr Besitz zerstört ist, von Haus und Hof vertrieben und erbarmungslos in das Innere Rußland abgeschoben.
Zu diesen trostlosen Zuständen kommen noch die sonstigen Mißerfolge. Daß andere ihnen die Dardanellen und Konstantinopel erobern, ist heute wohl ausgeschlossen, und ein Zurückdrängen der deutschen Front, die vorübergehend für den serbischen Feldzug geschwächt wurde, ist jetzt auch nicht mehr zu erwarten, nachdem die Durchbruchsversuche an der Strypa Anfang November auch von dem verkleinerten deutsch-österreichischen Heer so blutig abgewiesen und die vierwöchentlichen Kämpfe am Styr bei Czartorysk mehr wie mißglückt sind. Der jetzt anbrechende Winter, der das Land mit all seinem Jammer noch mehr von der Welt abschließt und den Innenverkehr auch nicht erleichtert, macht die Lage nur noch schwerer.
* Ein Beispiel der Verteuerung: Ein Doppelwaggon Koks, der in Deutschland etwa 200 M. kostet, wurde in Genua im Oktober mit 1650 Lire (fast 1500 M.) bezahlt.
Nr. 19.
Es ist überflüssig, auch noch die traurige Lage der ändern europäischen Bundesgenossen nachzuweisen. Weder Belgien, noch Serbien, noch Montenegro können dem sinkenden Glück des Vierverbandes Trost und Hoffnung bieten. Und auch Japan, das sich an dem Beispiele Englands gebildet und den Wert des Egoismus schätzen lernte, bleibt daheim und betreibt fleißig die Einbringung seiner ostasiatischen Ernte. Es hat kein Interesse, ziellos seine Kräfte in Europa zu verbrauchen. Wo bleibt dem Vierverband da noch ein freundlicher Blick in die Zukunft? Ganz anders ist dagegen die Lage des Vierbundes geworden.
1. Er hat, wie ein Blick auf der Karte zeigt, nur unbedeutende Streifen Landes eingebüßt, dagegen ausgedehnte und wertvolle Gebiete des Feindes in festen Händen.
2. Während durch ihn der Osten und der Westen des Vierverbandes auseinandergedrängt sind, ist nach dem Beitritt Bulgariens und der Eroberung Serbiens der Vierbund einheitlich verbunden.
3. Er hat in den Bulgaren einen neuen Bundesgenossen erworben, dessen zahlreiche und tüchtige Krieger unsern Armeen einen fühlbaren Zuwachs bringen, während auf der Gegenseite die Truppen Serbiens ausfallen.
4. Die Wasser- und Bahnverbindungen gestatten einen Warenaustausch mit dem Orient, der durch keine Blockade gestört werden kann. Die Waren, die dieser uns liefern kann (Getreide, Hülsenfrüchte, Baumwolle, Erdöl usw.), ergänzen sich in glücklichster Weise mit der Ausfuhr deutscher Fabrikate. So beruht die Verbindung auf gegenseitigem Vorteil und trägt darin die Gewähr der Dauer.
5. Bewährt sich endgültig dieser .neue Vierbund, so wird er die Mittelmächte auch dauernd England gegenüber stärken. Denn er hat sein Gebiet zwischen Großbritannien einerseits und Indien anderseits und damit Mittel mancher Art, seine Stärke fühlbar zu machen. (Islam.) Selbst Englands Anspruch auf die Beherrschung der Meere wird dieser Machtstellung Rechnung tragen müssen.
6. Der bisherige Krieg hat aber auch unsere innere Stärkung gebracht. Er hat erwiesen, daß wir auch mit dem heimischen Getreide reichen können, wenn der Verbrauch überwacht wird; denn der frühere monatliche Bedarf von einer Million Tonnen Brotgetreide konnte vermöge der Brotkarten auf 405 U00 Tonnen herabgesetzt werden. An Getreide wird es demnach, zumal nach der Eröffnung der Wege in den Orient, nicht fehlen.— Kartoffeln ernten wir etwa 50 000 000 Tonnen und brauchen an Eßkartoffeln noch keine 2001)0000 Tonnen. — Durch die fortwährende Mehrung in der Erzeugung dieser Lebensmittel wird aber auch eine Durchhaltung und Mehrung des Viehbestandes ermöglicht und so auf die Dauer die Knappheit von Fleisch und Fett überwunden werden. — In Kohle und Eisen, auch Eisenerzen, ist kein Mangel mehr zu befürchten, und auch die Sorge über das Fehlen anderer Metalle ist nahezu erledigt. Selbst das Kupfer ist heute ausreichend vorhanden, und Serbien bringt uns zu den alten Beständen neue wertvolle Bezugsquellen.
Wenn wir statt des Petroleums heute heimisches Gas und elektrisches Licht verwenden, statt des Ohilisalpeters selbsterzeugten Stickstoff und sogar an Stelle der Baumwolle vielfach die Zellulose setzen, so sind dies alles an sich erfreuliche Erscheinungen und zugleich sogar Belege, daß wir durch den Krieg vom Auslande unabhängiger geworden; daß England also mit seiner Seepolitik das Gegenteil von dem erreicht, was es erreichen wollte. Entbehren wir auch ungern die eine oder andere Annehmlichkeit, so haben wir doch zweifellos bewiesen, daß eine Aushungerung unmöglich ist, und daß wir durchhalten können und wollen.
Daß auch unser allgemeiner Wohlstand längst nicht wie der unserer Feinde gelitten hat, zeigt die Tatsache, daß wir selbst Milliarden über Milliarden aufbringen konnten und daß dieser Besitz dem Vaterlande nicht verloren ging, sondern gewissermaßen nur aus der einen Tasche in die andere wanderte.
Der wertvollste Erwerb aber, den der Krieg uns gebracht hat, ist auf moralischem Gebiete zu suchen. — Wohl hat Deutschland in furchtbaren Kämpfen schwere und schwerste Wunden erhalten. Sorge und Trauer sind in nur zu viele Häuser eingekehrt. Aber tröstend wirkt der Gedanke, daß die Verantwortung auf die zurückfällt, die uns vernichten wollten und den Kampf uns aufgenötigt haben. Der Krieg hat aber auch den Segen gebracht, daß das einst so zerrissene Vaterland einiger denn je geworden. Der Gegensatz der Klassen, des Nordens und des Südens, der politischen Parteien, der Konfessionen, der Stände hat seine alte Schärfe verloren, und in gleicher Begeisterung, wie zu Beginn des Krieges, klingt immer noch überall das Lied, das Deutschland, Deutschland über alles in der Welt setzt.
Deutschland, das, abgesehen von den Marnekämpfen, immer glücklich die Offensive begonnen und durchgeführt hat, wird auch am Ende den Gegnern seinen Willen aufnötigen, und diese, die in allen eigenen Unternehmungen unglücklich gewesen sind — mochten sie nun wie Joffre den großen Durchstoß planen, oder wie Nikolai mit der Dampfwalze kommen, oder gar wie England am Balkan sich festrennen —, sie alle werden darin sich finden müssen, daß Deutschland sieg-und ehrenreich den Krieg beende.