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1. Bd. 2 - S. 63

1883 - Leipzig : Engelmann
§. 596 Die Begründung der neuen Zustände unter Karl V. 63 der schwäbische Bund dasselbe für den Ersatz der Kriegskosten an den Kaiser verpfändet und dieser seinen Bruder Ferdinand damit belehnt hatte. Als Ferdinand aber anfing, das Land als sein Eigenthum zu behandeln, erwachte das Mißtrauen der Fürsten, besonders der bayerischen. Sie begünstigten daher die Flucht von Ulrichs Sohn aus österreichischer Gefangenschaft in demselben Augenblick, als die Auflösung des schwäbischen Bundes dem Landgrafen Philipp von Hessen den Gedanken eingab, den an seinem Hofe als Flüchtling lebenden Herzog nach Würtemberg zurückzuführen. Unterstützt von Frankreich durch Geldsummen, zog Philipp mit einem wohlgerüsteten Heer nach Schwaben, besiegte den österreichischen Statthalter bei Lausen am Neckar und gab das mit leichter Mühe er-eroberte Herzogthum dem rechtmäßigen Gebieter zurück. Ferdinand, der umsonst den Papst um Hülfsgelder angegangen, mußte in dem Vertrag vonkadan das Geschehene gutheißen. In Kurzem war in ganz Würtemberg die Kirche umgewandelt. Das Evangelium, dessen Trost Ulrich im Unglück empfunden, wurde dem Volke, das während der österreichischen Landesverwaltung den frühern Druck vergessen hatte und dem angestammten Herrscher freudig entgegenkam, durch Johannes Brentz und Schnepf in lutherischem Sinn mitgetheilt. Bald fand auch in andern Gegenden des Oberlandes, wo der schwäbische Bund bisher die evangelischen Regungen niedergehalten hatte, die Reformation Eingang. Markgraf Bernhard von Baden, mehrere grundherrliche Familien und Reichsstädte, so wie ein Theil des Elsasies traten der neuen Kirche bei. Die von Graf Eberhard im Bart im I. 1477 gegründete Universität Tübingen wurde eine der vornehmsten Pflanzstätten der protestantischen Gelehrsamkeit. §. 596. Die Wiedertäufer in Münster (1534—1535). Während des Bauernkriegs waren die sächsischen Wiedertäufer, die ihre Leidenschaften für göttliche Eingebung gehalten, größtentheils vernichtet worden (§. 577); aber ihre durch Flüchtlinge insgeheim fortgepflanzten schwärmerischen Lehren tauchten hie und da wieder aus, so sehr sie auch von jeder gesetzmäßigen Obrigkeit ausgestoßen und von deutschen und helvetischen Reformatoren bekämpft wurden. In Westfalen hatte in mehreren Städten, wie Soest, Paderborn u. ct., die von dem Bürgerstand geforderte, vom Adel und Klerus bekämpfte Reformation gewaltsam gesiegt, und in Münster war der Bischof mit den Domherren und einigen dem alten Glauben ergebenen Stadträthen vertrieben und nur gegen das Versprechen, die freie Predigt des Evangeliums fürder nicht hindern zu wollen, wieder zugelassen worden. Bald aber zeigte es sich, daß der einflußreichste Prediger der Stadt, Rottmann, wiedertäuserische Ansichten hege (§. 572). Umsonst widerstrebten ihm die Gemäßigten im Rath und in der Bürgerschaft; sein Talent und einnehmendes Wesen erwarben ihm Anhänger, und als von den Niederlanden her, wo die Wiedertäuferischen Lehren in dem zahlreichen Ge-werbstand einen fruchtbaren Boden gefunden, der wandernde Prophet Jan Matthiesen (ein Bäcker aus Leiden) mit seinem Landsmann und Jünger, dem Schneider Johann Bockold (genannt Johann von Leiden) in Münster einzog, erlangte ihre Partei bald so sehr das Uebergewicht, daß sie die städtische Verwaltung stürzten, den Rath und alle Aemter mit ihren Glaubensgenossen besetzten und endlich, von Fanatismus und Habsucht getrieben, ihre die Wiedertaufe verwerfenden Mitbürger mitten im Winter hülflos aus der Stadt jagten und deren Habe unter sich theilten. Nun errichteten sie ein religiöses Gemeinwesen, worin Matthiesen unumschränkte Gewalt besaß, Gütergemeinschaft einführte, Propheten aussandte und die Vertheidigung der mit Kriegs- und Mund-vorrath reichlich versehenen Stadt gegen das Belagerungsheer des von Köln und Hessen unterstützten Bischofs ordnete und leitete. Am höchsten stieg 1534. 1534.
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