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1. Bd. 2 - S. 846

1883 - Leipzig : Engelmann
846 Die Revolutionsbewegungen 1848 und 1849. §. 1114. 1115. §. 1114. Die Bewegung zur Durchführung der deutschen Reichs. Verfassung. Der Wydenbrugk'sche Antrag, am 4. Mai zum Beschluß erhoben löste die Bande der Nationalversammlung. Von der Zeit an brachte jeder Tag neue Austrittserklärungen. Wie wenig auch die Demokraten bisher mit dem Frankfurter Reichsparlament übereingestimmt hatten, wie sehr ihre Wortführer auf der linken Seite der Paulskirche das Verfassungswerk bis zur letzten Stunde bekämpft hatten. die Weigerung der Regierungen, dasselbe anzuerkennen, gab den Demagogen den erwünschten Vorwand, „zur Durchführung der Reichsverfassung" die Fahne der Volksempörung aus. zupflanzen. Der Schein von Recht, auf dem sie dabei fußten, verlieh diesmal der Erhebung eine größere Bedeutung und eine weitere Ausdehnung. Durck lärmende Versammlungen und aufreizende Reven wurde das Volk in eine furchtbare Aufregung gesetzt; Volksvereine forderten in drohenden Aufrufen zum Kampfe auf gegen die „rebellischen" Fürsten und Regierungen, die den Beschlüssen der Reichsversammlung zu trotzen wagten ; an vielen Orten wurde die Bürgerwehr. hie und da sogar das Militär, auf die Reichsverfassung beeidigt; städtische Behörden sprachen ihre Anerkennung aus; die Zahl der Adressen und Petitionen war endlos. Wie verschiedenartig und mitunter unlauter die Motive und Ziele sein mochten, von denen die Bewegung getragen ward, das Verlangen nach nationaler Einigung und die Furcht, dieses so lang ersehnten Gutes in der Stunde der Erfüllung abermals auf unbestimmte Zeit beraubt zu werden, bildete die gemeinsame und ehrenhafte Grundlage. auf der sich freilich auch die Lüge, das Verbrechen und der Hochverrath umhertrieb. Der erste Artikel des Wydenbrugk'fchen Antrags konnte als Rechtsgrund für jede Erhebung gelten; die Volksführer bemächtigten sich daher desselben, um im Namen der Nationalversammlung zu handeln und die eigenen revolutionären Zwecke mit einem ehrenwerthen Mantel zu verhüllen. Mochte auch die Bewegung schon vor dem 4. Mai hervorgerufen worden sein, mochte auch die Mehrheit der Nationalversammlung in Verbindung mit dem Reichsministerium jenen Beschluß durch nachträgliche Erläuterungen dahin erklären, daß die Durchführung der Reichsverfassung nur durch friedliche und gesetzliche Mittel, keineswegs durch Maßregeln der Gewalt oder durch bewaffneten Zwang zu bewerkstelligen sei — die Losung war gegeben; wie sollten sich die demokratischen Aufwiegler die günstige Gelegenheit entschlüpfen lassen, unter einer-ehrbaren Fahne für die Revolution und die Republik zu wirken? Nie ist noch mit einer edlen Sache ein so schmählicher Mißbrauch getrieben worden; noch nie hat man den Sinn des Volkes mit einem so schändlichen Truggewebe umstrickt, noch nie die Begriffe von Wahrheit und Recht so lügenhaft verkehrt und entstellt! — Die ersten Bewegungen zeigten sich in denjenigen Staaten, wo die Regierungen sich der Reichsverfasiung wider-25 « l ^ten‘ ,^n Würtemberg zwangen die Stände in Verbindung mit dem liberalen is4an Ministerium Römer den widerstrebenden König zur unbedingten Anerkennung der Reichsverfassung, so schwer es demselben auch ankam, sich „einem Hohenzollern" zu unter-werfen. Die Aufregung in dem tief unterwühlten Lande und die unsichere Gesinnung des Militärs nöthigten ihn zur Nachgiebigkeit; doch erklärte er dabei mit schwäbischer Aufrichtigkeit, daß er nur der Gewalt weiche und wieder zurücktreten würde, sobald er die Macht dazu habe. In dem preußischen Rheinland und Westfalen bemächtigten sich die städtischen Behörden der Agitation für die Reichsverfasiung in dem gesetzlichen Sinne, wie er dem Parlamentsbeschluß zu Grund lag; wo es, wie in Elberfeld und Düsieldorf, zu bewaffneten Aufständen und Barrikadenkämpfen kam, wirkten noch andere Beweggründe mit. §• 1115. Der Aufstand in Dresden. Die gewaltigste Erhebung entstand in Sachsen. Hier waren die beschränkenden Gesetze und Einrichtungen des alten Polizeistaats frühe den Märzstürmen erlegen. Unter dem Ministerium Braun-Oberländer, in welchem der Leipziger Professor des Rechts von der Pfordten die auswärtigen Angelegenheiten leitete, waren eine Reihe neuer Gesetze ins Leben getreten, die allzusehr die sturmbewegte Zeit ihrer Entstehung beurkundeten. Eine ungezügelte Presse und ein fast unbeschränktes Vereins- und Versammlungsrecht diente der demokratischen Partei zur Verbreitung ihrer Grundsätze, die sowohl in den volkreichen Gewerbstädten,
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