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1. Bd. 2 - S. 849

1883 - Leipzig : Engelmann
§. 1117. Die deutschen Verfassungskämpfe. 849 tiger ausbrechenden Bewegung in die Hand nehme und sie in den Schranken der Gesetzlichkeit halte; Andere riethen, sich Oesterreich zu nähern und, als ersten Schritt dazu, dem Reichsverweser selbst die Operhauptswürde provisorisch zu übertragen. Aber dieser zurückhaltende Fürst hatte gerade jetzt seine Mißachtung gegen die Versamlung dadurch zuerkennen gegeben, daß er Männer in das Ministerium berief, — Gräv ell, Detmold, Jochmus — deren Ernennung die Versammlung für eine „Beleidigung der Nationalrepräsentation" erklärte. Mit ihm war demnach kein gemeinsames Handeln mehr möglich ; daher wurde der Plan entworfen, ihn zu beseitigen durch Erwählung eines der verfassungstreuen Fürsten zum „Reichsstatthalter". Mittlerweile war die Abberufung der preußischen Abgeordneten zur Nationalversammlung in Berlin beschlossen worden, was die Zahl der Scheidenden mit und ohne Austrittserklärung mehrte. Noch immer blieb jedoch ein fester Kern der „Weidenbuschpartei", die sich in die Frac-tionen des „Nürnberger Hofs" und des „Casino" getrennt hatte, um Gageru uuv Dahlmann geschaart, beisammen. Sie bestritten der Regierung das Recht, ihrmandat, das ihnen vom Volk übertragen worden, eigenmächtig aufzuheben. Doch immer mehr überzeugten sie sich, daß sie zwischen den beiden Gewalten, die sich jetzt blutig um die Herrschaft bekämpften, der Revolution und der Reaction, keine haltbare Stellung einnehmen könnten; sie beschlossen daher nach heftigen innern Kämpfen ihren freiwilligen Austritt. Fünf und sechzig ehrenwerthe Männer, darunter Gagern, Simson (der schon vorher dem Präsidentenstuhl entsagt), Dahlmann, Moritz Arndt und viele Andere, unterzeichneten am 20. Mai eine Austrittserklärung und verließen die Paulskirche, den Schauplatz ihrer ruhmvollen Wirksamkeit und ihres vaterländischen Strebens. Eine Ansprache an ihre Wähler gab die Gründe dieses Schrittes an. §. 1117. Das Rumpfparlament. Durch den Austritt der Gagern'-schen Partei gewann die Linke immer mehr Boden für ihre revolutionären Bestrebungen. Als die Versammlung den Antrag auf Vertagung verwarf, schieden abermals zwei und zwanzig Mitglieder, fast der gestimmte „Augsburger Hof". Nun wurde die beschlußfähige Zahl der Stimmen auf Hundert herabgesetzt, was eine neue Minderung zu Folge hatte. Eine Ansprache an das deutsche Volk, in der edelsten Fassung, von dem schwäbischen Dichter Uh land verfaßt, war der letzte edle Laut aus der Versammlung, war das Schwanenlied des Frankfurter Reichstages. „Aber die poetische Unbestimmtheit des Manifestes gab jeder Mißdeutung Raum; zu gut für eine schlechte Sache, war es zu schwach, dieselbe zu läutern." Die Verwerfung eines von Welcker u. A. beantragten Zusatzes, „welcher die Reichsverfassung als das nicht zu überschreitende Ziel der Bewegung hinstellte und jede Einmischung Fremder in die Angelegenheiten Deutschlands zurückwies", vernichtete den letzten Schein eines vaterländischen Zwecks von dieser Bewegung und entführte abermals eine große Zahl von Mitgliedern. Der Rest, von den Männern der äußersten Linken beherrscht, beschloß nun die Uebersiedelung nach Stuttgart, um dem Herde der Bewegung näher zu sein und für ihre revolutionären Bestrebungen in den Demokraten und Anarchisten des Südens einen Rückhalt und eine Streitmacht zu haben. Die hundert und etliche Männer, die am 6. Juni im Saal der Abgeordnetenkammer zu Stuttgart ihre Sitzungen aufs Neue eröffneten, führten noch immer den Namen „constituirende dentschenationalversammlnng", aber da nunmehr auch Bayern und andere Regierungen die ihren Staaten angehörigen Mitglieder abberiefen, so gestaltete sich das „Rumpfparlament" immer mehr zu einem „macht- und autoritätslosen Convent, der den Rest von Würde, welcher an dem Namen der Nationalversainm-lung haftete, in einigen unglücklichen Aufwiegelungsversuchen verzettelte". Eine „Reichsregentschaft" von fünf Mitgliedern, darunter Raveaux, Vogt, Heinr. Simon, ward ernannt, die badische und pfälzische Erhebung gutgeheißen und gefördert, und um auch das würtembergifche Land in die Bewegung hineinzuziehen und der Regierung die Macht aus den Händen zu winden, wurde ein Gesetz zur „Organisation der Volkswehr" angenommen und eine Creditforderung von fünf Millionen erhoben. Nun konnte Römer, der damalige Ministerpräsident, „ein Mann mit fester Hand und hartem Kopf", das revolutionäre Treiben nicht länger gewähren lasten. Obwohl dem linken Weber. Geschichte Ii. 54
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