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1. Bd. 2 - S. 971

1883 - Leipzig : Engelmann
§. 1180. Die Gründung des Königreichs Italien. 971 auch der bourbonische Herrscherstamm in der üppigen Erde geworden war, ganz rühmlos sollte er doch nicht fallen. Ueber drei Monate leistete die Besatzung von Gaeta muthigen Widerstand. Der preußische „Junker Schlippenbach" vermittelte die Verbindung mit den statischen Besatzungstruppen, indem er auf dem Kriegsdampfer Loreley Depeschen nach Messina beförderte. Napoleon suchte den Verdacht von sich abzuwälzen, als sei er mit der Eroberungspolitik des Königs von Sardinien einverstanden; deshalb rief er nicht nur, wie die meisten übrigen Mächte, England ausgenommen, seinen Gesandten von Turin ab, sondern er schickte auch eine französische Flotte nach dem tyrrhenischen Meer, welche den Hafen von Gaeta besetzt hielt und dadurch dem König die Möglichkeit gewährte, sich fortwährend mit Lebensmitteln und Kriegsbedarf zu versehen. Als aber dessen Hülferuf an die Mächte Europa's und feine laute Beschwerde über den an ihm begangenen Bruch alles Völker- und Fürstenrechts kein bewaffnetes Einschreiten zu bewirken vermochte; als seine Verheißungen und Manifeste an die Völker beider ©teilten feine wirksame Erhebung zu seinen Gunsten hervorriefen, vielmehr die einzelnen reaktionären Aufstände in den Abruzzen den Charakter eines wilden Räuber- und Banditenwesens annahmen; da meinte Napoleon, jetzt sei von Seiten des Königs Franz für die Ehre genug geschehen, und rief, nachdem er einen Waffenstillstand vermittelt, seine Flotte zurück. Nun dauerte der Widerstand noch kurze Zeit fort, bis die Fortschritte der Belagerer , Mangel an Lebensmitteln und Kriegsmunition, unglückliche Zufälle (Explosionen und Typhus), Aussichtslosigkeit auf irgend einen Entsatz, vielleicht auch Verrath den König endlich zur Capitulation zwangen. Am 13. Februar 1861 verließ er auf einem französischen Schiffe Gaeta und begab sich mit seiner Gattin und seinem Gefolge nach Rom, wo er seinen Wohnsitz nahm und zehn Jahre lang behalten hat, von der Hoffnung getragen, durch eine Gegenrevolution, die seine Agenten und Parteigänger in Neapel nach Kräften und mit seiner Unterstützung betrieben, wieder in seine Staaten und Königsrechte eingesetzt zu werden. Im nächsten Monat ergab sich auch die Citadelle von Messina an General Cialdini und die kleine Festung Civitella. Damit nahm das Königreich beider Sicilien sein Ende. Schon am 18. Februar versammelte König Victor Emanuel die Abgeordneten aller Staaten, die seine Oberhoheit anerkannten, in Turin um seinen Thron und legte mit ihrer freudigen Zustimmung sich und seinen rechtmäß igen Nachfolgern den Titel „König von Italien" bei. (Gesetz vom 17. März 1861.) §.1180. Graf Cavour. So war denn das unglaubliche Ereigniß eingetreten, daß sämmtliche Staaten Italiens, mit Ausnahme des österreichischen Venetiens im Nordosten und der päpstlichen Stadt Rom mit ihrer Umgebung, zu Einem Königreich vereinigt waren. Wie weit waren die Resultate über die Bestimmungen des Züricher Friedens und über die anfänglichen Absichten des französischen Kaisers hinausgegangen! Durch die Staatsklugheit Cavours, durch die kriegerische Entschlossenheit Victor Emanuels, durch die patriotische Hingebung Garibaldi's, durch den politischen Tact der gebildeten Stände war das große Werk der nationalen Einigung gelungen, und selbst die Aufwiegelungen Mazzini's und seiner republikanischen Freunde hatten zu diesem Gelingen wesentlich beigetragen, so wenig auch die errungenen Güter ihren Wünschen und Bestrebungen genügten. Aber das Erworbene zu erhalten und zu befestigen, die äußerlich verbundenen Glieder auch innerlich zu einigen und zu verschmelzen, war eine schwierigere Aufgabe, als das Erwerben selbst. Während hier ein mächtiger nationaler Aufschwung, getragen von einer großen Persönlichkeit und unterstützt durch glorreiche Thaten im Felde, unerwartet rasch zu einem realen Ziele führte, mußte man jetzt mühsam auf dem wenig dankbaren Wege diplomatischer und politischer Transactionen bald das Mißtrauen und die Abneigung der auswärtigen Höfe zu beseitigen suchen, bald dem Ungestüm der vorwärtsstrebenden Revolutionspartei wehren, bald die reactionären Bewegungen, die von Rom aus geschürt und unterstützt wurden, mit starker Hand niederhalten. Diesen schwierigen Aufgaben gegenüber entfaltete Graf Cavour dieselbe staatsmännische Gewandtheit, die er von jeher an Tag gelegt. Sollte die große Idee der nationalen Einigung Italiens, die in seinem Geiste vorzugsweise ihre Entstehung genommen, nicht wie ein schönes Traumbild nach kurzer Zeit wieder entschwinden, nur als glänzendes Phänomen am geschichtlichen Hori-
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