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1. Bd. 2 - S. 1242

1883 - Leipzig : Engelmann
1242 Die Geschichte der letzten Jahrzehnte in Umrissen. §. 1298. die Würde eines Emirs von Kabul antrat. Seine Brüder und Verwandten machten ihm die Herrschaft streitig und zogen mit bewaffneten Heerhaufen wider ibn zu Feld. Ganz Afghanistan wurde nunmehr von einem mehrjährigen wechselvollen Krieg erfüllt, der den Engländern eine schiedsrichterliche Autorität über die hadernden Häuptlinge verschaffte. Schir-Ali siegte endlich nach mehreren Treffen über seine Widersacher und Rivalen. Sein kräftigster Gegner, sein Neffe Abdurrahm an zog sich nach Balkh-Turkestan zurück, während Schir-Ali mit Hülfe seines Sohnes Jakub von Herat in Kabul, Kandahar und dem übrigen Afghanistan die 1368. Herrschaft an sich brachte und die Würde eines Emir behauptete. Im folgenden Jahr wurde Jan.i86d.auch Abdurrahman von seinem Oheim und dessen General Mohammed Rasik bei Ghasna ' " auf's Haupt geschlagen und zur Flucht genöthigt. Er rettete sich auf britisches Gebiet, unermüdlich beflissen, dem Herrscher von Kabul allenthalben Feinde zu erwecken. Schir-Ali gebrauchte seine errungene Machtstellung zu inneren Reformen. Er suchte die Lehensverbände zu lockern, die Vasallen und Verbündeten zu Unterthanen zu machen und zur Heeresfolge zu zwingen. Dadurch reizte er die Anhänger der altnationalen Einrichtungen zum Wider-1870-74. stand, der neue Verwirrungen über das Land brachte. Selbst Schir-Ali's Sohn Jakub stand in den Reihen der Gegner. Die Engländer, die sich stets auf die Seite des Mächtigsten zu stellen bedacht sind, hatten mit Schir-Ali auf einer persönlichen Zusammenkunft desselben mit im L°rd Mayo, dem General-Gouverneur von Indien einen Freundschaftsbund geschlossen, der die Anerkennung des Emirs als Herrschers von Afghanistan besiegelte. Aber nach einigen Jahren merkten die englischen Herren, daß Schir-Ali mehr und mehr zu Rußland hinneigte, und daß der moskowitische Einfluß am Hofe zu Kabul, wo man den Engländern wegen ihrer früheren Parteinahme für die Rivalen Schir-Ali's tiefen Groll trug, das Uebergewicht erhielt. In der Hauptstadt wurde General Stoljetow, ein in den diplomatischen Verhältnissen Centralasiens wohlbewanderter Mann, an der Spitze einer zahlreichen russischen Gesandtschaft, mit ostentativem Entgegenkommen empfangen. Wir wissen, welche Fortschritte das Zarenreich in Turkestau, in dem Flußgebiete des Oxns gemacht hatte (§. 1273). Sollte nun die englische Regierung ruhig zuschauen, wie nach und nach auch Afghanistan in die Machtfphäre Rußland gezogen, vielleicht ihre eigene Herrschaft »am Indus bedroht würde? Es wurde daher an den Emir die Forderung gestellt, er sollte auch einen britischen Gesandten, der zu seiner Sicherheit von einem großen bewaffneten Gefolge begleitet sein würde, in seiner Hauptstadt Kabul aufnehmen und refibiren lassen. Der Afghanenfürst lehnte die Zumuthung ab und untersagte dem Gesanbten, Lorb Chamberlain, als er an der Grenze des Landes erschien, die Weiterreise. Diese Schmach konnte sich England nicht bieten lassen. Es wurden im Parlament scharfe Reden geführt und da die Verhandlungen mit dem Emir und der diplomatische Notenwechsel mit dem Petersburger Cabiuet nicht den erwünschten Erfolg hatten, besetzten die Engländer die Stadt Ouetta am Eingang des nach Kandahar und Kabul führenden Bolanpaffes und richteten an Schir-Ali ein Ultimatum, worin sie in scharfen Worten die Zulassung der Gesandtschaft verlangten. Zugleich ertheilte der Viceköuig Lytton den Anführern der westlichen Heere den Befehl, sich der drei Zngangspässe zu dem Land zu bemächtigen. Schon waren die englisch-indischen Truppen mitten im Winter bis Dschellalabad vorgerückt, als Schir-Ali, der fürchtete in das Abhängigkeitsverhältniß indischer Vasallenfürsten gezwungen zu werden, seine Hauptstadt verließ und sich auf russisches Gebiet flüchtete, die Regentschaft feinem Sohne Jakub, den er bisher in Gefangenschaft gehalten, übertragend. Er wandte sich an den General Kaufmann in Tafchkend und dieser ließ eine Heerabtheilung in der Richtung von Merw vorrücken. Nun stand ein neuer Krieg vor der Thüre. Sollte aber Rußland, das soeben dem Berliner Congreß beigewohnt und zugestimmt hatte, den mühsam geschlossenen europäischen Frieden auf’s Neue durch Unterstützung des asiatischen Fürsten gefährden? Es schien gerathen, die Dinge nicht auf die Spitze zutreiben, streitige Punkte nicht zu einer acuten Entscheidung zu drängen, nicht durch brüskes Vorgehen einen Kriegsfall zu veranlassen. Das Petersburger Cabinet überließ den flüchtigen Emir feinem Schicksal und meldete der Londoner Regierung, daß man die russische Gesandtschaft zurückgezogen habe. Im Londoner Parlament erhob sich unter der Führung Gladstone's eine scharfe Opposition gegen die unruhige „Kaiserpolitik* des Toryministers Beaconssield; dennoch fceharrte der Lord auf seinem Vorhaben, der englischen Regierung in Afghanistan einen vorwiegenden Einfluß 'zu verschaffen. Nur wenn die Pässe in englischer Gewalt seien
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