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1. Lehrbuch für den erzählenden Geschichts-Unterricht an Mittelschulen - S. 312

1891 - Freiburg i. B. : Wagner
— 312 — minder aufregende Ereignisse. Unter dem Eindruck etlicher Straßenauflänse in Wien legte Fürst Metternich, der seit vierzig Jahren Österreich beherrscht hatte, ohne Widerstand seine Ämter nieder und reiste nach London ab. König Friedrich Wilhelm Iv. hatte schon vor einem Jahre die sämtlichen Abgeordneten der seither bestehenden Provinziallandtage als Verei nigten Landtag in Berlin versammelt; angesichts der Märzbewegung erfüllte evjn seiner Herzensgüte bereitwillig die Wünsche seines Volkes. Während er dann ans dem Balkon seines Schlosses erschien, um die Danksagung seiner Unterthanen entgegenzunehmen, suchte eine Bande ins Schloß einzudringen, und als die Soldaten den Platz zu räumen begannen, sielen zwei Schüsse. Sie gingen in die Lust; aber die Menge stob auseinander unter dem entrüsteten Geschrei: „Verrat! 3u den Waffen!" Durch die Straßen in der Umgebung des Schlosses tobte ein blutiger Barrikadenkampf, bis der König, weinend über dieses Unglück, mitten aus siegreichem Vordringen seine Truppen zurückrief; eine Milde, welche dem bewaffneten Haufen als Schwäche erschien. In ganz Deutschland war „das Volk" siegreich, und nach allgemeinem Stimmrecht wurden die Wahlen zum „Verfassunggebenden Parlament" angeordnet. Im Süden, an der Schweizer Grenze, wollten manche eine deutsche Republik, sogar „mit einem Kaiser au der Spitze"! Eine Freischar vou 52 Mann unter dem Mannheimer Advokaten Hecker durchzog von Konstanz aus das oberbadische Land, „die erste republikanische Armee in Deutschland seit 1800 Jahren", wie ein Führer prahlte. In einem Schwarzwald-Dorfe boten diese Helden, die zuletzt einige Hundert Streiter musterten, den Fürsten Deutschlands, welche binnen vierzehn Tagen ihre Kronen niederlegten, vollständige Amnestie an. Aber die „vertierte Soldateska" der „Royalisten" sprengte nach acht Tagen die todesmutigen schützen und Sensenmänner auseinander. Die Führer wußten sich jenseits der schweizer Grenze für bessere Tage zu erhalten. Endlich versammelte sich das heißersehnte Parlament. Am 18. Mai schritten die 600 Abgeordneten unter Glockengeläut und Kanonendonner von dem Römer, dem alten Kaisersaale, unter dem brausenden Jubel dichtgedrängter Menschenmaffen durch die festlich geschmückten Straßen Frankfurts in die Paulskirche. Dort harrte ihrer die erhebende Ausgabe, dem Vaterlande Größe und Glück wiederzubringen durch eine feste Staatsordnung. Es war das Morgenrot des kommeudeu deutschen Reiches. Beim Kölner Dombanseste, welches der Vollendung des ehrwürdigen Kunstdenkmals die Wege öffnete, begrüßte Friedrich Wilhelm die Volksvertreter als die Baumeister am Dome der
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