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1. Deutsche Geschichte von der Völkerwanderung bis zum Westfälischen Frieden - S. 37

1914 - Düsseldorf : Schwann
— 37 — durchgesetzt. Jetzt schärfte er den Geistlichen die Vorschrift des Zölibates, d. H. der Ehelosigkeit, aufs neue ein und verbot die Simonie, d. H. den Kauf und Verkauf geistlicher Stellen. Zugleich untersagte Gregor die Einsetzung der Bischöfe durch weltliche Fürsten: die Investitur, d. H. die „Bekleidung" mit Ring und Stab, den Zeichen der bischöflichen Würde, sollte fortan nicht mehr durch Laien geschehen. Dieses bedeutsame Verbot traf besonders den deutschen König. Denn gegen die wachsende Macht der Fürsten stützte sich das Königtum seit Otto dem Großen auf die Bischöfe; wenn nun der König diese nicht mehr ernennen durfte, so verlor er einen großen Teil seiner Macht und auch seiner Einkünfte: machte doch der geistliche Länderbesitz fast ein Drittel des ganzen Reichsbodens aus. § 66. Der Ausbruch des Jnvestiturstreites. König Heinrich leistete dem Verbote der Investitur lebhaften Widerstand. Der Papst lud ihn deshalb zur Verantwortung vor sich. Aber Heinrich ließ ihn von seinen Anhängern im Dome zu Worms absetzen. Da tat Gregor auf einer Kirchenversammlung zu Rom den letzten Schritt. Er belegte Heinrich mit der schwersten Kirchenstrafe, mit dem Banne, und entband alle Untertanen von dem Eide der Treue, den sie einst dem Könige geleistet hatten. Damit war Heinrich von der Gemeinschaft der Kirche ausgeschlossen: zum erstenmal senkte sich der Bann auf einen deutschen König, 1076. Auf die Kunde davon versammelten sich die deutschen Fürsten in der Pfalz zu Tribur unweit Darmstadt und beschlossen, den König abzusetzen, wenn er sich nicht binnen Jahresfrist von dem Banne befreie; der Papst solle in Augsburg zwischen ihm und ihnen Richter sein. § 67. Canossa. Schon war Gregor Vii. auf dem Wege nach Deutschland in das Etschtal hinabgezogen, als eine seltsame Kunde ihn erreichte: „König Heinrich zieht heran!" Und so war es in der Tat. Mitten in einem unerhört kalten Winter, der den Rhein mit einer dicken Eisdecke überzog, hatte Heinrich sich aufgemacht, um durch Aussöhnung mit dem Papste seine Krone zu retten. Seine Gemahlin Berta war bei ihm. Die schreckliche Mühsal des Zuges über die Schneehöhen des Mont Cenis, der jetzt von einem Eisenbahntunnel durchbohrt ist, hat uns ein Zeitgenosse beschrieben. Vom Scheitel des Gebirges abwärts, so berichtet er, mußten die Männer stellenweise auf Händen und Füßen kriechen; die Königin und die Frauen ihrer Begleitung wurden auf Ochsenhäute gesetzt und von den Führern herabgezogen. Die Pferde ließ man mit besonderen Vorrichtungen über die Abhänge hinunter, oder man schleifte sie an
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