Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Das Alterthum - S. 93

1876 - Berlin : Weidmann
Der Staat Athen. 93 halten wurden. Die 6000 jährlich erloosten Heliasten bildeten die verschiedenen Gerichtshöfe, und da manchen Bundesgenossen aufgelegt war, ihr Recht in Athen zu nehmen, so mehrte sich die Zahl der Processe, die Beschäftigung der Bürger mit Rechtssachen, ja auch die krankhafte Lust daran. Seit Perikies wurde den zu Gericht sitzenden Bürgern ein täglicher Sold gezahlt1), zu dem sich dann bald auch eine Entschädigung für den Besuch der Volksversammlungen gesellte2). Da die Kriege nicht mehr bloss für den Boden des Vaterlandes, sondern für Herrschaft und in weiter Ferne geführt wurden, so ward die Einführung des Truppensoldes ebenfalls nothwendig. Aber auch für seine tägliche Ernährung, selbst für seine Vergnügungen und seine Festeslust sollte der ärmere Bürger nicht mehr bloss der oft gefährlichen Freigebigkeit der Grossen zu danken haben; der Staat gab aus seiner Kasse reichliche Opferschmäuse, Spenden und Kornvertheilungen und machte durch Erstattung des Eintrittsgeldes und der versäumten Zeit selbst den Zutritt zu dem Theater möglich3). So wurde der Handwerker und Kleinbürger in gleicher Weise am Staate betheiligt, wie der Wohlhabende. Man war stolz, dass in Athen Jedermann vom Staate zu reden, an den Interessen desselben Theil zu nehmen wisse'). Hob sich so das Selbstgefühl der einzelnen Bürger, so entfernte sich doch auch auf der andern Seite der Staat von seiner alten soliden Basis. Athen musste früher oder später der Staat der Volksredner und aus dem tüchtigen Volke eine schwatzende Menge werden. Einstweilen gebot in dieser vollendeten Demokratie Perikies wie ein geistiger König. Die Aemter des obersten Feldherrn (Strategen) und des Finanzvorstehers, die ihrer Natur nach nicht vom Loose, wie die anderen Aemter, abhängig sein konnten, wurden meist von ihm bekleidet und wurden, wie seine gewaltige Rede5), die durch Ueberzeugung zwang und nie der Masse schmeichelte, die Handhabe seiner ausserordentlichen Gewalt. Aber er hatte den Staat auf eine Spitze gestellt, wo nur er allein ihn vor dem Falle schützen konnte. Es bildete die Athenische Symmachie kein Reich im modernen Sinn, d. h. keinen Staat mit gleichem Bürgerrecht aller Betheiligten; denn immer war es doch nur Eine Stadt, die über andere unterworfene Städte herrschte und aus deren freien Bürgern den Unterworfenen gegenüber Tyrannen wurden. Als Perikies bald nach dem Frieden von 445 den grossen Gedanken aufgestellt, dass alle Griechen zu einer Tagsatzung in Athen sich vereinen sollten, um die noch von der Perserzeit her zerstört liegenden Heiligthümer wieder aufzubauen und einen allgemeinen Frieden zu heiligen, hatte eben diese Idee eines hellenischen Nationalstaatenbundes keinen Anklang gefunden6), weil die Auffassung des Alterthums den Staat *) fiiad'os Sixaarixoe oder r/haarixös. 2) ro exxhjaiaariköv. ^ 3) ro d'scoqmov. 4) vgl. Perikies Leichenrede. Th.uk. Ii, 35—46. 5) 'Oxvfutios. Plut. Per. 8. 6) Plut.per. 17.
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer