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1. Das Alterthum - S. 119

1876 - Berlin : Weidmann
Religion und Philosophie. 119 besonders während des so verwildernden peloponnesischen Krieges. Ueberall schwand der Glaube an die alten Götter, und Sittenlosig-keit und Selbstsucht begannen in der Masse um sich zu greifen. Die gebildeteren Geister suchten Leitung und Zuflucht bei der Philosophie, deren glänzendste Entwickelung in diesem Zeitraum beginnt. Auf die alten Naturphilosophen, Pythagoreer und Eleaten (§ 71), folgten, ebenfalls zuerst in lonien, die Sophisten1), Männer, die sich selbst als Lehrer, „gut zu denken, zu reden und zu handeln“, hinstellten, für ihre Belehrung zuerst Geld nahmen und meist nur die Kunst der Gedankenentwicklung (Dialektik) und die Kunst der Rede (Rhetorik) dahin lenkten, das Gute wie das Böse nach Belieben zu vertheidigen, theoretische und praktische Willkür zu lehren („der Mensch ist das Mass der Dinge“)2), den Glauben an Recht, Sitte und Religion aufzulösen und das Streben nach Glück (Eudaimonismus) als das einzig Berechtigte zu empfehlen. Sie vor Allem (Protagoras von Abdera, um 450, Gorgias von Leontinoi, Prodi kos von Keos u. A. m.) trugen die Zersetzung in das griechische Geistesleben. Im Gegensatz zu ihnen wirkte der Athener Sokrates (§ 89), 469 — 3993). Körperlich, wenngleich unschön doch abgehärtet und kräftig, geistig allseitig gebildet und nach immer neuer Belehrung forschend, ein tapferer Krieger und rechtschaffener Rathsmann, zeichnete er sich im Kreise der Jünglinge, die sich ihm anschlossen, als „ unermüdlicher Menschenbildner“ aus. Indem er jedes Forschen über das Grundprincip der Welt aufgab, erkannte er doch die Eigenschaften der Gottheit an den Einrichtungen der Welt, und die zeigten ihm dieselbe als ein allmächtiges, allgütiges und allwissendes Wesen4), und so näherte er sich doch einem praktischen Monotheismus. Sonst wandte er sich auf das rein Menschliche und bestrebte sich durch die untersuchende Methode5) den Begriff der Dinge festzustellen. > Damit verbindet er den praktisch ethischen Zweck, die Menschheit vom Wissen zur Tugend und damit zur Glückseligkeit zu führen. Am meisten aber wirkte die hohe Sittlichkeit seiner Persönlichkeit selbst, seine uneigennützige Menschenliebe, sein unbestechlicher Wahrheitssinn. Unter seinen Schülern waren ein Platon, Xenophon (§ 90), aber auch ein Alkibiades (§ 87), Kritias und Theramenes (§ 89). Gerade wegen der Letzteren verfiel Sokrates, nach dem Sturz der dreißig Tyrannen und der Wiederherstellung der Demokratie (89), der Anklage, dass er die Religion und Gesetze des Staates verachten lehre6). Ungebeugt und im stolzen Gefühl seiner Unschuld trat er vor die Heliasten, deren Mitleiden anzuflehen er sich nicht erniedrigte; sie verurtheilten ihn zum Giftbecher, den er im Kreise der Jünger *) ffotpiarai. 2) avd'oconos fitxoov anävrcov. 3) Xen. Memorab., Plato, z. B. im Symposion. 4) Xen. Mem. I, 4. Iv, 3. ®) Die eigaveia des Sokrates. 6) Plat. Apologie des Sokrates und Kriton.
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