1898 -
Leipzig
: Teubner
- Autor: Schenk, Karl
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten, Gymnasium
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Lehranstalt
- Inhalt Raum/Thema: Griechische Antike, Römische Antike
- Inhalt: Zeit: Antike
- Geschlecht (WdK): Jungen
wessen man sie im Guten und im Bösen für fähig hielt. Hierher
gehören auch Züge von Alexander dem Großen und Cäsar. Man
fügt am besten der Mitteilung solcher Erzählungen die Bemerkung bei,
daß diese Nachrichten keinen Anspruch auf Glaubwürdigkeit besäßen,
aber doch um der ihnen eigenen charakteristischen Momente willen
nicht übergangen werden dürften; sie machen Eindruck um ihres
Inhalts willen und prägen sich dem Gedächtnis des Hörers ganz von
selbst ein. . . .
fes folgt nun eine Aufzählung verschiedener erfundener oder
gefälschter Erzählungen.^ Haben nun diese ungeschichtlichen Erzählungen
wirklich die Bedeutung, welche man ihnen zuspricht? Sind sie
wirklich dermaßen wertvoll, daß man, um sie bei den Schülern
einschmuggeln zu können, in Quarta und in den Mittelklassen nichts
von ihrem Verhältnis zur wirklichen Geschichte erwähnen dürfte oder
sollte? Feuern jene vor allem die Knaben, denen Mannhaftigkeit
und kampfesfroher Sinn, hingebende Vaterlandsliebe und tapferer
Schlachtentod besonders gefallen, die aber, ihrer geistigen Entwicklung
entsprechend, wenig oder gar kein Verständnis für Verwaltung und
Verfassung der Staaten haben, dermaßen an, daß diese, wesentlich
von ihnen ergriffen, danach trachten, gleich wackere Männer zu
werden wie die alten Griechen, Römer und Germanen? Einer der-
artigen Behauptung müßte ich meine Zustimmung versagen.
Ich kann mir nichts Häßlicheres vorstellen als den Brudermord, den
Romulus auf sich lud, nichts Grausameres als den Totschlag, den
der einzig überlebende der drei Horatier an seiner Schwester verübte,
die in Jammern ausbrach, als sie die blutbespritzte Waffenrüstung
ihres gefallenen Bräutigams erblickte. Wie unangenehm berührt
weiterhin die Erzählung von Mucius Scävola! Seit wann gilt uns
Männern germanischen Blutes der politische Meuchelmord als eine
erhabene That?! Was würden wir sagen, wenn „im Jahre der
Invasion" ein patriotischer Franzose unfern hehren König und Kaiser
Wilhelm I. heimtückisch zu töten versucht hätte? Würden wir voll
Rühmens auf eine solche heißer Vaterlandsliebe entsprungene Handlung
eines Galliers hinzeigen, würden wir den loben, der sein Leben
dahingegeben hätte, um aus so niederträchtige Weise das Haupt des
feindlichen Heeres zu vernichten? Andreas Hofer wollen wir
preisen und singen, der mit kraftvoller Hand in offenem Kampfe
mannhaften Sinnes die Feinde seines Kaisers aus der geliebten Heimat
verjagen wollte, aber nicht Friedrich Staps, der dazu noch weit
sympathischer erscheint als jener Römer. Und welchen ethischen Gewinn
bringt die Kunde von der greuelvollen Tochter des Servius? War nicht
Klölia eine Vertragsbrüchige Person, die durch ihre Flucht ihrer schwer-
bedrängten Vaterstadt noch neue Unannehmlichkeiten bereiten konnte?
Darf man vaterländische Denkweise pflegen vermittelst Geschichten wie
die vom Auszug und Heldentod der unzähligen Fabier an der