1904 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Pahde, Adolf, Seydlitz, Ernst von
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Rheinland
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
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Landeskunde der preußischen Rheinprovinz.
sich nach N. senkenden Landrücken des Ardey (der Jsenberg, 125 m hoch),
des westlichen Ausläufers der Haar. — Auch die äußerste Südwestecke des
dreieckigen Beckens von Münster ist mit in die Grenzen der Rheinprovinz
hineingezogen.
Üppige Sumpfwaldungen Schuppenbäume, Siegelbäume, Schachtelhalme, Farne und
Nadelhölzer, die zur mittleren Primärzeit die damalige Meeresküste vor dem Schiefer-
gebirge bedeckten, sind in dem sie einhüllenden Meeresschlamm allmählich verkohlt; die
mächtige Ablagerung der Steinkohlenschichten ist später noch mehrfachen Faltungen
unterworfen gewesen, so daß deren Ergebnis sich in einer vierfachen muldenförmigen An-
ordnung der Kohlenflöze darstellt. Die Müustersche Bucht (vgl. S 6} ist großenteils
mit Kreideschichten bedeckt (f. Fig. 2, S. 43), als große Landscholle in der 'Tertiärzeit
eingesunken und schließlich zur Eiszeit noch vom nordischen Inlandeise überdeckt, auf
dessen Dasein die jetzigen sandigen Striche und erratische Blöcke hindeuten.
Durchschnitt durch das Ruhrkohlengebiet (nach ö. Dechen).
1. Horst-Recklinghausener Mulde, Ii. Essener Mulde, Iii. Bochnmer Mulde, Iv. Wittener Mulde; 1. Devon,
2. Kulm u. flözleeres Kohleugebirge, 3. produktives Kohlengebirge (Flözzüge punktiert u. gestrichelt), I. Kreide.
^Auch die Oberfläche der Niederrheinischen Tiefebene weist noch müßige
Höhenrücken (und einzelne Hügel) auf, so in der Kölner Tieflandsbncht die
Bille oder das „Vorgebirge" (zwischen Rhein nud Erst), so auch weiter uach
N.w. zu die niedrigen Hügelrücken, diezwischen Erst und Niers, zwischen
Niers und Maas („Süchtelner Höhen"), zwischen Rhein und Niers (im N.w.
der prächtige „ Reichswald ") die Wasserscheiden bilden, meist bloß 50m, nur
au den höchsten Stelleu etwa 80 m über d. M. (der „Klever Berg" im
Reichswald sogar 106 m). Der Niederrhein hat in seinen eigenen Ab-
lagerungen (f. e) zu verschiedenen Zeiten seinen Lauf verändert, wovon
zahllose alte Stromarme, die z.t. noch ausgedehnte Wasserflächen bilden,
und sumpfreiche Bruchgegeuden deutliche Kunde geben. Je weniger hoch
die Laudfläche über dem Spiegel des Stromes liegt, um so mehr ist sie Über-
schwemmungen und stets neuen Absätzen vou Geröll und Saud ausgesetzt;
das zeigt der Boden besonders dort, wo der Strom unsere Provinz verläßt.
Nur in einigen Höhenzügen, besonders in der Ville, treten tertiäre Schichten
meist mit Brauukohleu-Eiuschlüsseu) hervor; die Oberfläche der Tiefebene ist großen-
teils quartäreu Ursprungs, und zwar — mit Ausnahme des Alluviums der Uber-
schwemmuugen aus der geschichtlichen Zeit — diluvial. Dieses Diluvium rührt in den
nördlichen Strichen hier und da von der zweiten Vergletscherung, der Eiszeit Herl, ist
aber im übrigen vom Wasser abgesetzt. Sowohl in der Tertiärzelt (vgl. S. 8/9) als auch
in der Diluvialzeit drang das Meer über unsere jetzige Tiefebene weit nach ©.£)._ hin
vor und hinterließ, als es sich wieder zurückzog, große, nach N.w. zu immer mächtigere
Geröll- und Sandschichten; und dabei hat der Rhein so viel Sinkstoffe in diesen Gegenden
seiner damaligen Mündung abgesetzt, daß sein Bett nunmehr von seiner eigenen Anf-
schüttnngsmasse gebildet wird (vgl. S. 9. Indessen findet sich in der von^dem Strome
ausgewaschenen, breiten Lücke zwischen den Höhen bei Düsseldorf und bei Süchteln auch
au einer oberflächlichen Stelle n. von Krefeld noch marines Tertiär, wahrscheinlich von
dem bis hierher reichenden Inlandeise der zweiten nordischen Vereisung aufgestaucht-.
1 Vgl. Dr. A. Pahde, Erdkunde für höhere Lehranstalten, Iv. Teil Glogan 1902),
S. 85, 120.
2 Vgl. Dr. E. Königs in den Jahresberichten des Naturwissenschaftlichen Vereins zu
Krefeld 1894/95 und 1901/02 (vgl. auch Verhandlungen des Naturhist. Vereins der
preußischen Rheinlande, Westfalens u. d. R.-B. Osnabrück, 1894).