1904 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Pahde, Adolf, Seydlitz, Ernst von
- Auflagennummer (WdK): 4
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Regionen (OPAC): Rheinland
- Inhalt Raum/Thema: Vaterländische Geschichte
Ortskunde. 19
Altersversicherung für die arbeitenden Klassen, womit schon seit längeren Jahren
Orts- und Betriebskassen und Privatwohltätigkeit Hand in Hand gehen*.
Nicht minder aber findet das geistige Leben in der Rheinprovinz volle
Berücksichtigung; neben Juristen und Ärzten^ sind die Vertreter des Kirchen-
und Unterriqtswesetts und der Künste in mannigfachster Weise tätig.
Das evangelische Kirchenwesen ist der Aufsicht des Generalsuperinteudeuteu
(in Koblenz) unterstellt; in die Leitung des römisch-katholischen Kirchenwesens
teilen sich der Erzbischof von Köln und die Bischöfe von Trier und Münster; der Bischof
der Altkatholiken hat seinen Sitz in Bonn.
Die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn, verbunden mit der (and-
wirtschaftlichen Akademie zu Poppelsdorf, und die Technische Hochschule zu Aachen stehen
unmittelbar unter dem Ministerium, die 103 höheren Schulen (42 Gymnasien nebst
23 Progymnasien, 12 Realgymnasien und 3 Realprogymnasien, 10 Ober-Realschulen und
13 Realschulen) mit etwa 1300 Oberlehrern unter dem Provinzial-Schul-Kollegium (zu
Koblenz), die 50 höheren Mädchen-, die Mittel- und Volksschulen^, uuter der „Regierung"
ihres Regierungsbezirks. Dazu kommen an Fachschulen: die Handelshochschulen zu Köln
und Aachen, die „Preußische höhere Fachschule für Textil-Jndustrie" (Webeschute, Färberei-
und Appreturschute) zu Krefeld, die Webeschule und die Färberschule zu Mülheim a. Rh.,
die Webeschule zu Aachen, die Landwirtschaftsschuten zu Bitburg und Klebe, die gewerb-
liche Fachschule zu Köln und die gewerblichen Schulen zu Krefeld, die Königliche Bau-
gewerkschule Barmen-Elberfeld, die Hüttenschute zu Duisburg, zahlreiche kaufmännische,
ländliche und gewerbliche Fortbildung^- und Handwerkerschulen usw. Mau zählt 5 evan-
gelische und il katholische Lehrer-Seminare nebst 2 katholischen und 1 paritätischen
Lehrerinnen-Semiuar, 8 Taubstummen- und eine Blinden-Anstalt. Die Kunstakademie
und die Kunstgewerbeschule zu Düsseldorf, die Provinzial-Museen zu Bonn und Trier,
städtische Museen zu Köln, Düsseldorf, Krefeld usw. dienen der Knustpslege.
In bezng auf die Verwaltung leitet jeden Stadtkreis der Bürgermeister (dem. ge-
wöhnlich der Titel Oberbürgermeister verliehen wird), jeden Landkreis der Landrat. Über
diesen steht die Behörde des betr. Regierungsbezirks mit dem Regierungspräsidenten
an der Spitze. Die oberste Behörde.der Provinz ist der Königliche Oberpräsident
(Koblenz); dabei sind mancherlei innere Angelegenheiten der Selbstverwaltung dnrch
den Prov inziallandtag (mit Proviuzialausschuß und Laudeshauptmauu) anheimgegeben.
Dem Herrenhause gehöre» aus dem Rheinlande neben den persönlich oder sonst
Berechtigten und den vom Könige berufenen Mitgliedern die Vertreter von 16 größeren
Städten an, dem Abgeordnetenhause 64 Mitglieder. Außer diesen Mitgliedern des
preußischen Landtags werden von unserer Provinz 35 Abgeordnete in den deutscheu
Reichstag entsendet, um in Gemeinschaft mit dem Bundesrat an ihrem Teile zu wirken
für Kaiser und Reich.
V. Ortskunde
(nach den Flußgebieten).
1. Das Rheintal von der Nahe- bis zur Moselmündung.
Nach dem Rheine führt mit Recht unsere Provinz ihren Namen; hat
sie doch anch am meisten Teil an seinem herrlichen Durchbruchstales das
— wie kein zweites der Erde — stets aufs neue Dichter und Sänger zu den
duftigsten und fröhlichsten Liedern begeistert!
Aus dem sonnigen „Rheingau" tritt der Strom zwischen Rochusberg
(Großherzogtum Hessen) und Niederwald (Provinz Hessen-Nassau) in das
* Es gab 1901 allein an Krankenkassen stark 2000 mit fast 1 Mill. Mitglieder.
2 Im Jahre 1902 zählte man im Rheinland 2768 „approbierte Ärzte" 134 5zahn-
ärzte und 536 Apotheken. ° ;
3 Im Jahre 1901 gab es im Rheiulaude 4930 öffentliche und 22 Privat-Volks-
schulen mit insgesamt etwa 15 500 Lehrkräften und beinahe 965000 Schülern; von den
27 460 Rekruten (ohne die Einjahrig-Freiwilligen) waren nur 5 ohue Schulbildung, d. h.
nur 0,02x (in Preußen durchschnittlich 0,07^) konnten weder lesen noch ihren Namen
schreiben.
4 S. Umschau in Heimat und Fremde, I. Band, M. Schwann, Die Rheinlande von
Mainz bis Koblenz, Kerp, Am Rhein, sowie Baedekers Rheinlande.
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