1902 -
Breslau
: Hirt
- Autor: Seydlitz, Ernst von, Oehlmann, Ernst
- Auflagennummer (WdK): 22
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
224 Mitteleuropa.
10. Königreich Belgien.
[29500 qkm, 6,7 Mill. (5., bei 229 auf 1 qkm nächst Kgr. Sachsen größte
Verdichtung unter alleu Staaten Europasl.]
Lage. Ein Trapez mit kurzer Küstenseite, auf der Scheide
zwischen 3 Nationen, darum national und sprachlich gemischt, eilt Über-
gangsgebiet zwischen Berg- und Tiefland, ein Gebiet des Durchgangsver-
kehrs und ein Land der Völkerschlachten, die „Lombardei des Nordens".
Das f.ix Dreieck gehört den Ardennen (f. S. 201), die Mitte dem
Hügellande an, der N.w. ist ein Teil der niederrheinischen Tief-
ebene.
Das flachere Land ist vortrefflich, namentlich in feinem w, Teile musterhaft,
wahrhaft garteumäßig angebaut- doch deckt der Getreidebau nicht entfernt den
Bedarf der äußerst dichten Bevölkerung. Das Bergland ist reich an Eisen und
Stnnfohlen, besonders in den Umgebungen des Sambre- und des Maastales,
daher die hochentwickelte Industrie Belgiens, das seit alters in einzelnen Zweigen
des Gewerbebetriebs (Linnenfabrikation u. s. w.) glänzte, nun aber auch die
Metallwarenbereitung zu seltener Ausdehnung entwickelt hat. so daß das
kleine Staatsgebiet jetzt eines der ersten Industrieländer der Erde ist. Dem
sehr bedeutenden Handel dienen nicht nur zwei große Flußstraßen und zahlreiche
Kanäle, sondern vor allem ein Eisenbahnnetz, so engmaschig wie in keinem
Lande Europas; 1898 auf je 10000 qkm 1535 km gegen 944 im D. R. Die
Bevölkerung ist fast durchweg katholisch; 59% bilden die germanischen Fla-
minger (Flamen) und die Deutschen, überwiegend in der Ebene wohnend, 41%
die französisch redenden Wallonen, im Berglaude, und die Franzosen.
Geschichte. Wie die Schweiz gehörten auch die Niederlande (Belgien und
Holland) zum Deutscheu Reiche. Im 14. Iahrh. gelangte das in Fürstentümer
und Herrschaften zersplitterte Land in den Besitz der Herzoge von Burgund, im
15. durch Maria, die Erbtochter Karls des Kühnen, an den österreichischen
Erzherzog Maximilian und mit der Abdankung ihres Enkels. Kaiser Karls V.,
an die spanische Linie des Hauses Habsburg. Die Gewaltherrschaft Philipps Ii.
führte zur Empörung der Niederländer; 7 Provinzen (Seeland, Holland, Utrecht,
Geldern, Over-Jjssel, Friesland. Groningen) vereinigten sich als Republik und
wurden uach achtzigjährigem Freiheitskampfe im Westfälischen Frieden auch von
Spanien als selbständig.anerkannt. Die s. (belgischen) Provinzen blieben bei
Spanien, später unter Österreich. Geleitet durch Statthalter aus dem Hause
Nassau-Oranien, schwang sich Holland zur ersten See-, ..Handels- und Geld-
macht Europas empor, bis es im Lause des 18. Iahrh. sein Ubergewicht an Eng-
land verlor. Nach dem Sturze Napoleons wnrde die ehemalige Republik samt
den s. Provinzen zum Königreich der Niederlande unter der alten Nassau-
oranischen Erbstatthalter-Familie erhoben; aber die Unterschiede beider Teile in
Abstammung und Sprache, Geschichte und Religionsbekenntnis, Sitte und Be-
schästignng erwiesen sich als unvereinbar; schon 1830/31 riß sich Belgien wieder
los und wnrde ein Königreich unter einem Prinzen ans dem Hause Sachsen-
Coburg; zugleich erklärten die europäischen Mächte das Land für neutral.
König Leopold Ii.2 — Einteilung in 0 Provinzen.
1 S. Tabelle S. 282. Im Kgr. Sachsen 280 auf 1 qkm.
2 Friedensstärke des Heeres 48000 M. Keine Kriegsflotte. — Den Kongostaat
s. S. 100.