1896 -
Leipzig
: Freytag
- Autor: Ule, Willi
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Höhere Schule
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
- Geschlecht (WdK): Jungen
Das norddeutsche Tiefland.
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der seine Erklärung einfach in der größeren Meeresnähe jenes findet. Der
Nordwesten hat das gleichmäßigste Klima. Im Winter ist es dort unter
der Einwirkung der warmen Südwestwinde sogar wärmer als in der weit
südlicher gelegenen oberrheinischen Tiefebene, und im Sommer fehlt unter
dem trüberen Himmel die erdrückende Glut, von welcher der Süden wie der
Osten unseres Reiches zuweilen heimgesucht wird. Dafür ist es freilich fast
zu reich gesegnet mit Niederschlägen, die hier das ganze Jahr hindurch sallen.
Es ermöglicht diese starke Benetzung überall, wo guter Boden vorliegt, eine
üppige Vegetation und ergiebigen Ackerbau. Wo aber undurchlässiger Unter-
grnnd in dem ebenen Lande das Wasser staut, da entwickeln sich die uu-
geheuren Moore, Wiesen- und Hochmoore, die im Bonrtanger Moor
Flächen von mehreren 1000 Quadratkilometern bedecken. Nach Osten nimmt
der Niederschlag allmählich ab. Wir kommen mit dem Überschreiten der Lüue-
burger Heide iu ein mehr kontinentales Gebiet. Der Sommer wird wärmer,
der Wiuter kälter, und der Hauptregen sällt in der warmen Jahreszeit. In
Schlesien und in Preußen befinden wir uns schon in dem Bereich ans-
geprägten Festlandklimas. Die hohen Sommertemperaturen gestatten hier
den Weinban noch nördlich von 52° in geschützten Thälern, namentlich an
der Oder bei Grünberg.
Für den Getreidebau liegen im ganzen Tiefland durchaus günstige Acker-
Verhältnisse vor. Gleichwohl ist er vielfach sehr beschränkt wegen der völligen
Unfruchtbarkeit des Bodens. Überall wo Sand und Moor den Grund bildet, tntio«.
sind ihm fast unüberwindliche Schranken gesetzt; nur der Fleiß und die
Kunst des Menschen habeil auch vou deu zahlreichen Brüchen der Flnß-
Niederungen wie von den ausgedehnteil Mooren des Nordwestens weite
Strecken der Kultur gewouueu. Das uubebaute Land wird vorwiegend von
Wald und Heide eingenommen. Da zeigen wieder der Westen und Osteu
des Tieflandes ein sehr verschiedenes Aussehen. Eine banmlose, ebene Fläche,
nur vou niedrigen Moospolstern, von Heidegeftrüpp und einigen Gräsern
bewachsen, das ist der Charakter der nordwestdeutschen Moore. Baumlos
ist auch im allgemeinen der vorgelagerte Küstenstreifen, dessen Marschboden
aber von außerordentlicher Fruchtbarkeit ist. Wälder bedecken hier meist nur
die Geest. Wir treffen sie häufiger erst südlich der Moore am Rande der
Gebirgsschwelle, besonders im Münsterland.
Mannigfaltiger ist dagegen das Begetationsbild östlich der Lünebnrger
Heide. Schon der Boden wechselt hier öfter nach Gestalt und Beschaffenheit.
Der meist saudige südliche Landrücken ist für Ackerbau weuig geeignet, er
trägt vorwiegend Wald, der aber je weiter nach Westen um fo spärlicher
wird und der eigentlichen Heide Platz macht. Buchen und Eichen treffen wir
noch östlich der Oder, aber dann herrschen die Nadelhölzer vor, namentlich
die Kiefer, bis jenseits der Elbe in der Lünebnrger Heide der Wald sast