1874 -
Mainz
: Kunze
- Autor: Schacht, Theodor, Rohmeder, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Die Erde als Weltkörper.
sich immer mehr vom Horizont, je weiter man nach Norden reist, und sinkt
tiefer, sobald man sich südlich wendet; die Entfernung dieses Sterns von
der Erde ist aber nach bloßem Augenmaße so groß, daß er überall gleich
hoch am Himmel erscheinen müßte, wenn die Erdoberfläche wagrecht wäre.
Hierauf stützte mau schon im Alterthum den Beweis der Krümmung nach
N. und S., und die Krümmung nach O. und W. wird klar durch die Be-
trachtung des Laufs der Gestirne überhaupt: reist man ostwärts, so erblickt
man den Aufgang der Sonne und der Gestirne früher; und später, wenn
man viele Mln. westwärts gereist ist. 4) Der stets kreisförmige Erd-
schatten bei verfinstertem Monde macht gleichfalls die Rundung der Erde
sehr wahrscheinlich, indem zwar z. B. ein Cylinder unter Umständen auch
einen kreisrunden Schatten werfen kann, aber doch nicht anzunehmen ist,
daß die Erde sich stets so gegen den Mond stellen sollte, daß ihr Schatten
sich nur als Kreis zeigte. 5) Genaue Beobachtungen haben an vielen Him-
melskörpern die Kugelgestalt nachgewiesen, so wird wohl die Erde allein
auch keine Ausnahme machen. — Reisen um die ganze Erde in verschie-
dener Richtung, und selbst rein naturwissenschaftliche Gründe, haben endlich
in unserer Zeit allem Zweifel darüber ein Ende gemacht.
Freilich scheint es seltsam, daß niemand von der Kugel herabfällt; Herodot mag
eben deshalb darüber gelächelt haben; und die Seefahrer vor Columbus Zeit fürchteten,
obschon sie an die Kugelgestalt glanbteu, doch die weiten Fahrten über den Ocean.
Denn noch hatte kein Kopernikus die Umwälzung der Erde gelehrt; noch hielt jeder die
Kugel für unbeweglich, und wenige waren frei von der Angst vor der untern Hälfte
der Erde. Freilich jetzt sind wir besser unterrichtet und wissen genau, daß unser Erd-
körper rings von derselben Lust umgeben ist und derselbe Sternenhimmel sie überwölbt.
Es steht also eben jeder Mensch, wo er anch sei, mit den Füßen auf der Erde und
hält den Kopf in die Luft. Das Unten ist überall' gegen den Kern der Erde, und
das Oben überall gen Himmel gerichtet. Alle Diuge, die man in die Höhe schnellt,
müssen wieder aus den Boden zurückfallen, vermöge ihrer Schwere. Nirgeud kann
also ein Stück der Erde abreisen und sich in den Weltenraum hinein bewegen; alles
wird nach Unten, d. h. gegen den Mittelpunkt oder Schwerpnnkt des Erdballs
gezogen.
§. 3. Scheinbarer Lauf der Sonne um die Erde.
Als man schon von der Kugelgestalt der Erde überzeugt war, wähnte
man doch noch, daß die Sonne von O. nach W. uns fortwährend umkreise.
So scheint es auch, aber der Schein trügt oft. Betrachten wir indes erst
den Schein genau, um hernach das Richtige leichter zu fassen. Was beob-
achten wir? — Zunächst: die-Sonne hebt sich das Jahr durch nicht immer
an gleicher Stelle und zu gleicher Zeit über unfern Horizont, sowie sie nicht
an derselben Stelle und zu gleicher Zeit untergeht.