1874 -
Mainz
: Kunze
- Autor: Schacht, Theodor, Rohmeder, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
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Veränderungen an der Erdoberfläche.
wandelte und 1225 zur Zuydersee anwuchs. Stets noch wird Holland mit Ueber-
flutungen und Vernichtungen bedroht, wenn es nicht durch kostspielige Dämme und
Deiche sich schützt. Die Insel Helgoland, ehemals größer, wird dielleicht in ein
paar Jahrhunderten verschwunden sein. Gleich den Dörfern auf der Stelle des jetzigen
Dollart und der Zuyder-See siud manche Küstenstädte uutergegaugen, z. B. Mavali-
puram südlich von Madras in Indien, Jnlin am Ausflüsse der Oder. Dagegen setzt
das Meer auch Land an. Ravenna z. 23., zur Römerzeit dicht am Meere, liegt jetzt
l1/2 Stunden davon entfernt, und südlich von Bordeaux (les landes) hat sich auf einer
ziemlichen Strecke die Küste erweitert.
2) Auch tief im Boden ist Bewegung und sind Kräfte in Thätigkeit, die zur
Aeuderung der Erdoberfläche, und zwar auf gewalttätigere Weise als die geschilderten,
beitragen: Erdbeben und vulkauische Ausbrüche sind ihre Wirkungen. — Was
die Erdbeben betrifft, so kommen sie an gewissen Orten seltener vor als au andern,
im ganzen aber so häufig, daß man dreist behaupten darf, kein Tag gehe vorüber, wo
nicht irgendwo, in einem oder dem andern Lande eins verspürt würde, und kein Jahr, wo
nicht irgendwo ein gewaltiges von Zerstörungen begleitet wäre. Die Ttadt Scheumcha
am Südostfuß des Kaukasus ist seit dem 11. Juni 1859 3mal fast vollständig zerstört
worden, Erzerum in Armeuien war in diesem Jahrhundert 2 mal der völligen Ver-
nichtung nahe, Haleb (Aleppo) nebst andern großen Orten Syriens desgleichen;
Caracas in Südamerika stürzte 1812 zusammen, indem die ganze Provinz Venezuela
heftig erzitterte. Im Jahr 1746 hatte die peruanische Stadt Lima sammt ihrem
Hafenort Callao das gleiche Schicksal, die aufgestoßene Meerflut verschlang den letzteren
Ort. Auch in Deutschland, von dem man sonst sagen konnte, daß ihm Erderschütte-
rnngen so fremd seien, daß ganze Geschlechter dahingingen, ohne von Erdbeben anders
zu wissen als durch Berichte, haben, uameutlich in der hessischen Provinz Starkeuburg,
seit Anfang des Jahres 18g9 häufig Erdstöße, oft mit mehr oder minder bedeutenden
bleibenden Wirkungen (Emportreibungen des Bodens, Entstehen oder Versiegen
von Quellen :e.), stattgesnudeu. Eö versteht sich, daß solchen Erdstößen
das zerbrechliche Menschenwerk, Bauten aller Art, eher unterliegt, als die Hügel und
Berge, auf denen es errichtet war; heftige Stoße aber können anch Berge zerreißen,
Thäler verschütten und den Anblick der Gegend verändern. Bei dem Erdbeben, das
im Jahre 1797 ganz Peru erschütterte, mehrere Städte, darunter Quito, zerstörte,
warfen einige stark schwankende Berge ihre Gipfel ab. Bei dem Erdbeben von Lissabon
i. I. 1755, dessen Verbreituugsbezirk sich über mehr denn 600000 Q.-M. erstreckte,
folgten die Stöße so rasch auf einander, daß ein großer Theil der Einwohner sich nicht
zu retten vermochte, in Zeit von 6 Miuuten lag die Stadt in Trümmern; das Meer
gerieth in uugeheure Bewegung, man sah auf Augenblicke eiue trockue Furt im Tajo,
dessen Wasser rückwärts geschlendert ward. Ganz Portugal erbebte, so daß Berge aus-
einander barsten, mächtige Felsstücke herabfuhreu, hin und wieder sich der Boden
öffnete, und Wasser in Massen zu Tage quoll. In der Nachbarschaft Portugals ward
die Erschütterung ebenfalls verspürt, wenn auch mit weniger furchtbaren Wirkungen,
in Madrid, in Gibraltar, in Marokko; an vielen Stellen des westlichen Europas hat
man die Wirkungen gesehen, besonders an Quellen, die momentan aufhörten oder an