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1. Theodor Schachts Lehrbuch der Geographie alter und neuer Zeit - S. 455

1874 - Mainz : Kunze
Asien — China. 455 Einrichtung trägt dazu bei. Diese ist theokratisch, patriarchalischer Art und ohne Soldatendespotie. Aber d,e Bestechlichkeit der Beamten ist sehr groß, und alles ist so ab- gemessen, so ohne innere Fortentwicklung und in hergebrachte Formen gebannt, das wahre Talent so ohne Ermunterung, und der Kaiser selbst wie seine Minister und Be- amten so vou dem Formenkram beschränkt, daß 'auch in der Staatsmaschine, wie in der wissenschaftlichen Welt kein neu belebender Geist sich entwickeln kann. Gesetze, die den Bedürfnissen der Gegenwart nicht mehr genügen, werden nicht etwa abgeändert, sondern umgangeu, was natürlich eine tiefe sittliche Fäulnis in allen Beamtenkreiseu erzeugeu muß. Die Staatsdiener, nämlich die der Verwaltung und Justiz als die ersten, und Kriegsbeamte als die zweiten, heißen Mandarine oder Kuangs. Sie sind all- zumal an ein umständliches Ceremoniel gefesselt und bilden 18 Rangklassen, die in gehöriger Unterwürfigkeit sich abstufen und äußerlich an der Tracht erkannt werden. Die Majestät, „der Sohn des Himmels," ist vom Himmel eingesetzt und herrscht im Namen desselben; er regiert zunächst durch 6 besondere, in mehrere Sek- tionen getheilte Ministerien, deren 12 Präsidenten nebst den Obergeneralen des Heers den innern Hof ausmachen. Getrennt von den Ministerien gibt es 2 Anfsichts- körper, nämlich 1) die hohe Staatskontrole in 25 Sektionen, die ihre Jnspicienten in alle Provinzen aussendet, und 2) des Kaisers Kabinetsrath, dessen Mitglieder dazu gebraucht werden, den Sitzungen der Ministerien beizuwohnen und sowohl über deren Thätigkeit zu berichten als auch darauf zu sehen, daß nichts gegen die Gesetze und her- gebrachte Reichsordnung geschehe. — Nach dem Muster der höchsten Behörden ist auch die Verwaltung der Provinzen und Kreise unter Collegien gestellt und von Statthaltern präsidirt, nicht nach türkischer Art unter Paschas. Fragt man ferner nach der Justiz, so findet sich, daß ein zahlreiches Personal in mehreren Instanzen dafür angestellt ist, und daß man im bürgerlichen Proceß ziemlich schnell, in Criminalsachen sehr bedächtig verfährt; der Kaiser unterzeichnet erst nach langer Untersuchung ein Todesurtheil. Die Criminaljnstiz ist übrigens hart, oft ge- radezn barbarisch, und eine Menge Verhafteter soll an Tortur und Bastonade sterben. Der ganze Staatshaushalt soll 430 Mill. Thaler jährlich bedürfen, eine Summe, die großeutheils in Naturalien eingeht und gerade nicht übermäßig ist, wenn man bedenkt, daß die Zahl der Mandarinen sich aus 35000 und das Kriegsheer mit Einschluß der irregulären Truppen auf mehr als eine Million belänft. Der Kern des Heeres, die kaiserlichen Hanstrnppen zu Pferd und zu Fuß, besteht nach der ge- ringsten Angabe aus 67000 Maudschu, 21000 Mongolen und 27000 Nordchinesen (aus Familien, die den Mandschn bei der Eroberung des Reichs geholfen) nebst einer Feldartillerie von 400 Kanonen. Das Heer rekrutirt sich durch Werbung und durch seine eignen Kinder. — Die Zahl der Kriegsschiffe und Kanonenboote wird *) auf 826 mit 3600 Kanonen angegeben; die Zahl der Handelsschiffe (Dschonken) auf 8000 mit 616000 Tonnen (5. 2000 U.) Tragfähigkeit. Indes erstreckt sich die Schiffahrt der Chinesen nur auf die Binnen- und die eigenen und benachbarten Küstengewässer. Ueber- Haupt zeigt sich der Handelsgeist der Chinesen mehr ins Kleine gehend, große Unter- nehmungen wagen sie nicht; das Detailgeschäft ist ihre Stärke, List und Verschlagen- *) Hübner, stat. Tafel.
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