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1. Theodor Schachts Lehrbuch der Geographie alter und neuer Zeit - S. 463

1874 - Mainz : Kunze
Asien — Tibet. 463 derts die Chinesen sich zu Gebietern des Landes machten, jedoch als Oberhaupt im hierarchischen Sinne den Dalai Lama in seiner hohen Stellung unbeschränkt ließen. An wunderlicher Entwicfelnng und an Ausartungen eines Glaubens und einer Priesterschaft fehlt es uie. Die Aus- oder Abartungen des Buddhakultus, z. B. die häufig mit Jutriguen und Giftmorden begleitete Wahl eines Dalai, ferner die Verviel- fältigung der ganzen und halben Buddhas (Bnddhisatvas, d. h. die im Besitz der Er- kenntnis sind) und das Aufstellen ihrer Idole, womit zu Hunderten außer der riesigen prachtvollen Statue des Hauptbuddha ihre Tempel augefüllt sind, würde schwerlich der Stifter des Glaubens gebilligt haben; aber sie sind weit natürlicher daraus hervorge- gangen, als z. B. Mönchwesen und die Heiligenanrufung aus den Worten Jesu. In der Mongolei ward der Bnddhaismus versetzt mit den Zaubereien der Schamanen; die Theologen Ceylons behaupten ihn am reinsten erhalten zu haben. Gegenwärtig ist die Religionsübung eine rein äußerliche; man denke an das Ableiern des Rosenkranzes, das Drehen der mit Gebeten beklebten Radmaschine (Gebetmühle), das Aufschreiben von Gebeten auf Windsahnen :c. Dem Christentum setzen die Lamaiten einen ener- gischen, oft grausamen Widerstand entgegen. Der Dalai Lama, zu heilig, als daß man ihn mit irdischen Sorgen belasten dürfte, ist übrigens wohl jetzt nicht viel mehr als eine Pnppe sürs Volk, regiert von der Priesterschaft und den chinesischen Regierungsmännern. Doch herrscht iu Tibet gegenwärtig keine geringere Verwirrung als in China selbst; die chinesische Regierung, obgleich gestützt auf eine bedeutende Truppenmacht und unterstützt durch eine zahlreiche Polizei, befindet sich außer Stande, mit Nachdruck ein. zuschreiten. Eingetheilt ist Bodyül in 4 Provinzen: 1) Kham, zunächst China; Hauptort Tscha-mdo, mit einer Feste, vielen buddhistischen Tempeln und Klöstern, eines mit 1300 Mönchen. Südsüdwest!, davon Bonga, wo die erste christliche Ge- meiude in Tibet sich bildete. Diese Provinz ist größtentheils von nomadisirenden Stämmen bewohnt, die unter ganz oder beinahe unabhängigen Häuptlingen stehen; fast jedes Dorf hat feinen Chef, der sich rühmt, ein selbständiger Herrscher zu sein. 2) Sb ei oder Ü, die mittlere und kleinste, aber wichtigste Provinz; hier die Hauptstadt Osttibets: Hlassa (s. o>). 3) Tsang mit der Mönchsstadt Taschilhünpo, Sch eines gleichfalls als Buddha-Inkarnation gefeierten Oberpriesters, und Dig arischi, Sitz des weltlichen Oberhauptes der Provinz, des Gyälpo. 4) Dügthol, mit dem Hauptorte Ts,dum, erstreckt sich bis an die östl. Grenze von Gnari Khörsnm. 4) Gnär-i Khörsum, zw. 30° und 33° N, Br. und 73° bis 84° O. L. v. Gr., umfaßt den obersten Lauf des Jndns und Sutledsch, das centrale Gebiet des allge- meinen tibetischen Längenthales, westl. der Erhebnngslinie zwischen Dihüng- und In- dusgebiet. Es steht auch dem Namen.nach nicht mehr unter dem Dalai Lama, indem die Chinesen die Verwaltung hier noch mehr in die Hand genommen haben als in Bodyül. Doch bildeu zwei geborne Tibeter, die beiden Garphans, von den Chi- nesen auf je 3 Jahre ernannt, die oberste snnktionirende Behörde; in bedrängten Zeiten können sie jedoch durch geborne Chinesen ersetzt werden. Ihr Sitz ist im Sommer in dem hochgelegenen Gü-rtok im Thale des Gä-rtuug (Nebenfluß des Indus), einem der bedeutendsten Handelsplätze Hochasiens; im Winter residiren sie weiter thalabwärts zu Gargünsa. Die nördlichsten Theile von Giräri Khörfum, an der Südseite des Karakorüm, bilden die äußerst hochgelegenen und spärlichst bevölkerten Flächen der Provinzen Rüdok und Sarthol — jene, an Ladäk grenzend, in ihrem tiefstge-
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