1874 -
Mainz
: Kunze
- Autor: Schacht, Theodor, Rohmeder, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
592 Afrika — Senegambien und Ober-Guinea.
die von der Abdachung des Koug gebildet wird, die Beninküste hinzu. An dem
einförmigen, mit Kokospalmen geschmückten Gestade gibt es keine geschlossenen Baien,
keine Mündungen (außer denen des Niger) von bedeutender Breite, wenige Vorgebirge,
die hoch über den Meeresspiegel hervorragen, und von unzähligen Flüssen nnr einige, die
zu beschissen sind. Heiß, beinahe wie in Senegambien, befördert der fruchtbare Boden
eine noch kräftigere Vegetation, vor allen im Nigerdelta, wo z. B. der schattenreiche
Wollbanm eine Höhe von 30 m. im Stamm, 10 und mehr Meter im Umfang
erreicht, so daß häufig ein Kahn für 100 Personen aus einem Stück gehauen wird.
Die abgefallenen Früchte der Oelpalme liegen dort oft x/i m. hoch am Boden. Nähr-,
Würz» und Nutzpflanzen hat Guinea in Menge, und von der Goldküste werden jährlich
an 100000 Unzen feines Waschgold verschifft. — Die Bevölkerung, trotz der ewigeu
Fehden und Menschenjagden im Innern, immer noch zahlreich, theilt sich in viele Staa-
teu und leidet unter Aberglauben und Despotismus mehr als in Senegambien. Dort
hat der Fetischendienst doch mildere Bräuche, in Guinea ist er mit barbarischen Men-
fcheuopferu und mit größerem Priestereinflnß verbunden. Dennoch finden sich löbliche
Eigenschaften im Volke, man schildert es meistens als mäßig, dienstfertig, thätig, gast-
frei, und nur da verderbt, wo Jahrhunderte lang der Verkehr mit europäischen und
amerikanischen Sklavenkäufern statt gehabt, also an vielen Punkten der Seeküste; doch
ist jetzt im ganzen der Sklavenhandel in Ober-Guinea als erloschen zu betrachteu. —
Unter den Negerstaaten sind einige durch Unterjochung andrer mächtig geworden, vor
züglich folgende:
1. Auf der Goldküste das Reich Aschanti*). Es soll 3500 Q. M. und 2 Mill.
E. haben. Man rühmt die Aschautis als tapfre Leute und als sehr geschickt in man«
cherlei Arbeiten ans Thon, Eisen, Gold und Seide. Das Land ist außerordentlich
reich au Produkten aller Art, namentlich auch an Gold, und Gold ist das einzige Geld
welches (als Goldstanb oder in kleinen gewogenen Stücken) im Umlaufe ist. Dieser
Rcichthum an Gold verbreitet einen ungeheuren Luxus, den man in einem Negerlande
nicht vermuthen sollte. Der König ist ein konstitutioneller Monarch, aber mit viel
absoluter Gewalt, die in den scheußlichsten Despotismus ausarten kann; er betrachtet
sich als Herr über Person und Eigenthnm der Unterthanen, ist aber in mancher Hin-
ficht durch gewisse Familieuhänpter (den Feudaladel) und durch gewisse Fundamental-
Gesetze beschränkt, deren Nichtbesolgnng die Entthronung zur Folge haben würde.
Merkwürdig ist es, daß die Thronfolge nicht den Söhnen, sondern stets den Brüdern
zukommt, und daß jeder Thronwechsel mit großartigen Menschenschlächtereien verbunden
ist. Der König und seiu Volk sind Heiden, obwohl es auch ein moslemitisches Quartier
^n der Hauptstadt gibt. Die Muhammedaner sind Haudelslcnte aus den Nigerländern. Der
König muß sich 3333 Weiber halten, welche Zahl, als eine mystische, stets voll erhalten
wird. Die Aschanti-Armee ist die Nation; wenn die Marschordre gegeben ist, schließen-
sich alle tanglichen Männer ihren Compagnien an, Lebensmittel mit sich uehmend.
Geschlageue Generale tobten sich selber. Die Engländer waren schon öfter und sind
auch gegenwärtig wieder in einen nicht gerade glücklich geführten Kampf mit den bar-
*) Man pflegte sonst Gninea in Löwengebirgs-, Pfeffer-, Zahn-, Gold-, Sklaven-
und Beninküste abzntheilen.