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1. Theodor Schachts Lehrbuch der Geographie alter und neuer Zeit - S. 682

1874 - Mainz : Kunze
682 Europa — Italien. Palestrina, doch später traten ihre Meister weit hinter die Deutschen Händel, Bach, Gluck, Mozart, Haydn und Beethoven zurück. Daß auch die dramatische, besonders tragische Poesie in jener freiheits- und vaterlandslosen Zeit keine Ermunterung finden konnte, begreift sich — die Nation wandte sich dafür dem sinnlichen Opernpomp zu. Das letzte halbe Jahrhundert hat indes bewiesen, daß in einem politisch herabge- konimeuen Volke noch ein Kern vorhanden sein kann, der unter günstigen Umständen wieder wachsen und einen lebensvollen Schoß aus dem erstorbenen Stamme hervorzu- treiben vermag. Die Revolutionskriege seit 1792, das Schalten der erobernden Fran- zosen in Errichtung und wechselnder Umänderung neuer Staaten, Einführung neuer Einrichtungen und Gesetze, der gezwungene Antheil an Napoleons Heerzügen n. s. w. hatten die Italiener aus ihrer politischen Apathie aufgerüttelt; ausländische, früher ver- botene Schriften waren in Umlauf gekommen, kriegerisches Wesen war geweckt, und der Titel König von Italien, welchen Napoleon sich beigelegt, hatte einen Klang, der dem Ohre der Italiener wohl that. Wenn man dies alles sich vergegenwärtigt, be- greift man, wie wenig die Herstellung des Alten durch die im Jahr 1815 wieder auf den Thron gekommenen Regenten die Nation befriedigen konnte. Sie kamen haßer- füllt gegen die neuen Ansichten, welche unstreitig Wurzel gefaßt hätten. Ihre Regie- rungsknnst war also von Argwohn durchdrungen, sie stützte sich auf gesteigerte Polizei- gewalt, auf die schnell wieder herbeigerufenen Jesuiten, auf Verfolgung alles gefähr- lich Scheinenden in Schriften und Reden, im Nothsall auf österreichische Hilfe. Diese war ihnen zugesagt, wogegen sie sich verbindlich gemacht, niemals auf eine Repräfen- tativ-Verfaffnng einzugehen. Gerade darnach aber, nach politischen Freiheiten, sowie nach nationaler Vereinigung, strebte der nur einigermaßen denkende Theil der Italiener und fühlte sich immer mehr in einem Gegensatze zu den Regenten, die sich um so inniger an Oesterreich lehnten und diesem den gewünschten Vortheil ge- währten, neben seinem Einflüsse in Deutschland 'ein völliges Protektorat über Italien zu besitzen. Der Gegensatz zeigte sich bald als politische Gährung, als Kund- werden geheimer Verbindungen, die über das ganze Land sich verzweigten, und in poe- tischen wie prosaischen Werken, die bei aller Vorsicht im Ansdrnck doch demokratisches Leben athmeten, und ihres innern Feners wegen zugleich einen neuen Aufschwung der erschlafften Nationalliteratur andeuteten. Hugo Foscolo, Silvio Pellico (der seine fromme Vaterlandsliebe auf der mährischen Beste Spielberg abbüßen mußte), Niccolini, Leoparde; ferner General Coletta, Gioberti, Gnerazzi; Mazzini. Praktische Männer und Schwärmer, geistig Unzufriedene und materiell Verletzte arbeite- ten einander in die Hände. Es kam zu Verschwörungen und heftigen Versuchen, ein konstitutionelles öffentliches Leben, das ans gesetzlichem Wege nicht zu erhalten war, ge- waltsam zu erzwiugen; doch war der Ansgang mehrerer^ solcher Versuche ein trauriger, sie wurden mit Hilfe des Auslandes (Oesterreichs u. Frankreichs)niedergeschlagen und dienten fast nur dazu, manche vorzügliche Köpfe und Charaktere in die Kerker und aufs Schaffst zu bringen oder zur Flucht ins Auslaud zu nöthigen. Statt aber nun die Ursachen solcher Erscheinungen zu heben, verstärkte man sie durch verdoppelte Strenge und höchst unweise Maßregeln, Gab doch der sardinische König Felix im Jahr 1825 ein Edikt, dem zufolge niemand sollte lesen und schreiben lernen, der nicht 1500 Francs besäße, und niemand stndiren , der nicht die gleiche Summe als jährliche Reute bezöge — ein
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