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1. Theodor Schachts Lehrbuch der Geographie alter und neuer Zeit - S. 717

1874 - Mainz : Kunze
Europa — Pyrenäische Habinsel. 717 ihrer Tochter aus, den schwachen Vetter Franz, und ihre zweite Tochter verlobte sie mit dem orleauischen Prinzen von Montpensier. 1843 bestieg Jsabella den Thron, den sie, als Herrscherin bigott, falsch, treulos, grausam und ungerecht, trotz unzähliger Um- wälzungen und Prouuuciamentos und obgleich der Hof stets ein Tummelplatz des Ehr- geizes und der Jntrigueu blieb, bis zum September 1868 inne hatte. Mit ihrer Ver- treibung ist der letzte Thron der Bonrbonen gefallen, jener Herrscherfamilie, die in den letzten Jahrhunderten leider nur zu oft Gewaltherrschaft, heuchlerische Frömmigkeit, Sitteulosigkeit und blutige Rachgier als Panier entfaltet hatte. Nach langem Zögern votirteu die spanischen Cortes im Juni 1869 die monarchische Verfassung; der Umstand, daß ein deutscher Prinz aus der Familie der Hohenzollern eine Zeit lang Lust zu haben schien, die spanische Dornenkrone anzunehmen, mußte sogar die absichtlich herbeigezogene Veraulassunz zum Ausbruch des deutsch-französischen Krieges werden. Im November 1870 ließ sich endlich der italienische Prinz Amadeus bewegen, Spaniens König zu werden. An demselben Tage, an welchem der jugendliche Amadeo I. den Boden Spaniens betrat, starb der „Königsmacher" Marschall Prim, der bisher die liberalen Parteien zusammengehalten hatte, an seinen von Mörderhand empfangenen Wunden, und alle die redlichen Bemühungen des Königs, dem Lande die Ruhe zu geben, der es so sehr benöthigt ist, blieben ohne Erfolg; es fehlten ihm in dem fremden Lande im Getriebe der Parteien alle Stützen, um eine wirkliche Herrschaft zu begründen. Deshalb legte er im Februar 1873 die Krone freiwillig nieder. Seitdem ist das unglückliche Land, das sich nun eine Republik nennt, aufs neue der Anarchie und dem wildesten Bürgerkriege verfallen. Carlisten, Alfonsisten, einheitstaatliche Republikauer, Föderalisten oder bundesstaatliche Republikaner,*) Communisten und Sozialisten — das sind die Namen nur der Hauptparteien, die nun mit Worten und mit Waffen um die Herr- schaft kämpfen. Zerrüttete Finanzen und vollständige Creditlosigkeit des Staates, Un- sicherheit aller öffentlichen Zustände, Hader in politischen und religiösen Fragen, er- bitterter Bürgerkrieg in den meisten Theilen des Landes: das ist gegenwärtig (anfangs 1874) das.traurige Bild des an politischen Parteien überreichen Landes, in dem stets die Generäle und die Armee die Politik machen. Bei der Zersplitterung der Parteien, die jede Mehrheit und jede geordnete Regierung unmöglich macht, ist leider auch keine Hoffnung auf eiue baldige gesetzliche und regelmäßige Entwickelnng vorhanden. Spanien läßt sich wie eine Insel betrachten, worauf daö Ausland weniger ein- wirkt; deshalb seine Eigenthümlichkeiten in Glaubenssachen, Sitten und Trachten, und selbst in Werken der Poesie und Kunst. In seinen Genüssen ist das Volk mäßig, in geistigen Anlagen braucht es keiner andern Nation zu weichen. Bei solchen Voraus- setzungen müßten die Spanier auch auf wissenschaftlichem Gebiete Bedeutendes geleistet haben, wenn nicht ihr Genius auf doppelte Weise, kirchlich und politisch, Jahrhunderte hindurch eingezwängt worden wäre. Die Poesie konnte sich in gewisfer Richtung freier *) Statt der Verschiedenheit der Provinzen innerhalb des Rahmens des einheitlichen Staates, den Ferdinand und Jsabella vor fast 100 Jahren gegründet, durch angemessene Vertretung und Verfassung einen Ausdruck zu geben, wollen diese denselben in 13—15 Einzel - Staaten zerlegen, die dann in einen Staatenbund zusammengefaßt werden sollen.
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