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1. Theodor Schachts Lehrbuch der Geographie alter und neuer Zeit - S. 736

1874 - Mainz : Kunze
736 Europa — Frankreich. Fabrikstadt Ryssel (Lille), die alte deutsche Reichsstadt Kamryk (Cambray) und die hennegauer Grafschaft Valenchyn (Valenciennes). Schon vom Ursprung der Scheide an bedeutender werdend, wird die Bodenerhebung dann zu dem lang sich hinziehenden Waldgebirge der Argonneu, welches durch seinen langen Rücken, seine rauhen Wälder, seine tiefen Waldöden, zwischen welchen es nur Hohlwege und grundlose Straßen gibt, sich von selbst als eine vortreffliche Grenzlinie darstellt. In gleicher Beschaffenheit ziehen die Argonnen dann in geradem Strich zwischen Aisne und Marne einer-, Maas ander- seits aufwärts bis zur Hochebene von Langres, „der breiten Brunnenkammer der nach allen Seiten abfließenden kleinen Gewässer." Die gleichfalls wafferscheidendeu und dicht, bewachsenen Sichelberge schlagen dann ihren Bogen nach Norden hin bis zum Südstock des Wasgau, dem Elsässer Belcheu. Zwischen Vogesen und Jnra öffnet sich der Weg zum Rhonethal, das Völkerthor von und zum Rheinland; dies ist somit die einzige Stelle der natürlichen Grenzlinie zwischen dem oceamschen Frankreich und dem mittel- meerischeu (Nord- und Ostsee) Deutschland, wo nur niedrige Anschwellungen de? Bodeus die Wasserscheide, sowie die Sprach- und Volksgrenze bezeichnen, so daß, „wer dieses Schlüsselgebiet beherrscht, freien Durchpaß ins deutsche wie ins französische Land besitzt; schon Cäsar und Ariovist kämpften darum." *) Aus dem Gesagten ergibt sich, daß alles Land, das Frankreich vom Rhein-, (Mosel-, Maas-) und Scheldcgebiet besitzt, ihm mehr künstlich als natürlich angegliedert erscheint; in volkswirthschastlicher Beziehung sind die Lebensbedingungen dieser Landestheile, die man mit Recht als das germanische Frankreich bezeichnet, nicht an das übrige Frankreich geknüpft. Ihr Klima, ihre Master- läufe, die Natur des Bodens, ihre Produkte, ihre Jndustriethätigkeit verknüpfen sie dem Rheine, der Rhein aber ist ein deutscher Strom, sein Gebiet ist deutsches Land. Diese geographische Thatsache wird noch verstärkt durch die geschichtliche, daß seit dem Vertrag von Mersen (870), wo die Scheidung nach Nationalitäten im Franken- reiche eudgiltig geregelt wurde, diese Landstriche durchs ganze Mittelalter hindurch und auch noch in der neueren Zeit zu Deutschland oder wenigstens nicht zu Frankreich, ge- hörten, und erst seit 2, zum Theil erst seit etwas über einem Jahrhundert diese natür- liche Grenze zwischen Deutschland und Frankreich zu unserm Nachtheil verrückt und durch eine rein politische Linie ersetzt wurde. Dazu kommt endlich noch, daß auch ein ethnographischer Grund diese Länder von Frankreich scheidet; zwar trifft die jetzige Sprachgrenze (s. S. 234, sowie S. 202) nur an wenigen Stellen mehr mir der natür- lichen Grenze zusammen, fast überall hat das wälsche Idiom sich über seine ursprünglich Grenzlinie hinüber ausgedehnt, an der obern Maas und Mosel sogar in ziemlicher Breite: aber im Wesen ist die natürliche Grenze noch immer zugleich ethnographische Scheidelinie, und die französisch redende Bevölkerung diesseit jener Scheidelinie ist körper- lich und geistig, in Charakter und Sitten, Lebensgewohnheiten und Thätigkeit grund- verschieden von den wirklichen Franzosen im Seinegebiet. Anch das Rhonegebiet, jenfeit Jura und Alpen, und durch Gebirgszüge von den westlichen Stromgebieten völlig geschieden, hat seine besondere Natur und seine besondere Geschichte. Erst seit 400 Jahren ist dies Stück Frankreichs, das zum Mittelmeer schaut' mit dem oceanischen Frankreich vereinigt, Hochburgund oder die Freigrafschaft noch nicht *) v. Löher, Abrechnung mit Frankreich.
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