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1874 -
Mainz
: Kunze
- Autor: Schacht, Theodor, Rohmeder, Wilhelm
- Auflagennummer (WdK): 8
- Sammlung: Geographieschulbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Geographie, Region?
- Inhalt: Zeit: Geographie
Deutsches Reich — Geschichtlicher Ueb erblick. 781
und Alpengebiet und nördlich der Alpen bis an die Nordsee verbliebenen
Völkerschaften ihrer heimatlichen Sprache und Eigenart getreu. Doch auch
hier hatten während der Völkerwanderung wichtige Veränderungen stattge-
funden. Einerseits war ganz Süddeutschland und das Alpengebiet von
Germanen eingenommen worden, so jedoch, daß einzelne Partien der roma-
nisirten Urvölker in abgelegenen Gebirgsthälern sitzen blieben, die zwar mehr
und mehr abschmolzen, hin und wieder in schwachen Resten aber bis auf
den heutigen Tag sich erhalten haben; dieses Vordringen der Germanen
führte zu einer allerdings nur schwachgradigen Mischung mit ursprünglich
celtischen Elementen, wodurch aber gleichwohl das Eigenthümliche des ger-
manischen Körperbaues zum Theil verloren gegangen ist; eine ähnliche
Mischung ging im dentschredenden nördlichen Gallien (Gebiet der Schelde
und Maas) vor sich. Anderseits war während der Völkerwanderung das
Land östlich der Elbe von Germanen größtenteils entleert worden und in
diesen leeren Raum hatten sich von den osteuropäischen Ebenen her die
Slaven ergossen, so daß zur Zeit des Frankenkönigs Karl des Großen die
Scheidelinie beider Nationen von der Ostsee bei Kiel zur Ilmenau, von
der Quelle derselben zur Saale bei Halle und dann zwischen Saale und
Elster aufwärts zum Fichtelgebirge zog; das oberste Main- und ein Theil
des Regnitzgebietes waren gleichfalls von Slaven besetzt, von der Pegnitz-
mündung ungefähr konnte die Grenze zum Kamm des Böhmerwaldes und
längs desselben zur Donau bei Linz gezogen werden. Auch in die weiten
Flußthäler der östlichen Alpen, bis in die Quellgebiete der Drau und Save
hinauf, waren füdslavische Völkerschaften vorgerückt. Doch darf nicht ver-
gessen werden, daß namentlich in den gebirgigen Theilen dieser Ostländer
(so z. B. in den böhmischen Grenzgebirgen) viele Germanen sitzen geblieben
waren. Karl d. Gr. zeigte sich auch hierin als Urheber einer der größten
Aufgaben unserer Geschichte, daß unter ihm die Jahrhunderte lang an-
dauernde Richtung derselben nach Osten — zur Germanisirung der Slaven
mit deutschem Schwert und deutscher Arbeit, später Hand in Hand mit der
christlichen Mission — die Zurückgewinnung ursprünglich deutscher Gebiete
beginnt. Allerdings schwer wie Eisen hat oft die Hand der Deutschen,
namentlich der Sachsen, auf den Wenden geruht und sie endlich zermalmt
und vernichtet, und nur gar häufig wurde den Ueberwundenen das Los
härtester Knechtschaft bereitet. So kams, daß zwischen beiden Völkern eine
Glut des Hasses angefacht wurde, die bei den noch erhaltenen Resten der
Slaven auf deutschem Boden hie und da heute noch aufflackert. Damals
fing man auch an, den edlen Namen der Slaven (d. i. die Berühmten) zur
Bezeichnung der tiefsten Erniedrigung (Sklaverei) zu benützen. Und bis
auf den heutigen Tag dauert dieses Zurückströmen der germanischen Völ-