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1. Theodor Schachts Lehrbuch der Geographie alter und neuer Zeit - S. 871

1874 - Mainz : Kunze
Europa — Österreich-Ungarn. 871 der Bildung, des Handels, des Völkerverkehrs. Noch jetzt sprechen und schreiben in Ungarn viel mehr Menschen deutsch, als magyarisch; das Deutsche wird überall in Ungarn verstanden, nicht aber das Magyarische. Denn was Heroen wie Ludwig und Matthias in der Kraftzeit des selbständigen Un- garns versäumt hatten, war später nicht nachzuholen. Nach Corviuus Tode sank Un- garns Macht und Bedeutung. Schon längst (seit dem Aussterben der Arpaden 1301) war das Reich unter dem Einflüsse einer übermächtigen Aristokratie ein Wahlreich ge- worden; es gab schwache Regenten, Zerwürfnisse im Reich, Niederlagen im Krieg mit den Türken, namentlich die bei Mohacs 1526 (Tod Ludwig Ii.); ferner eine zwie- spältige Königswahl, wodurch die Krone an Oesterreich, Siebenbürgeu aber abhanden kam*): widrige Kircheuzwiste zwischen Katholiken und Protestanten, deun auch die Je- suiten fanden sich ein; und außerdem große Läuderverluste. In Oseu schlug auf 160 Jahre ein türkischer Beglerbeg seine Residenz auf, und nur ein Rest Ungarns verblieb dem neueu Königshause Habsburg, unter dessen Prinzen die Magyaren, eingegangener Verbindlichkeit gemäß, von nun an ihren König zu wählen hatten. Endlich, im letzten Drittel des 17. Jahrhunderts, als der türkische Halbmond zu erblassen begann, führte das Glück dem Kaiserhause nacheinander einige tüchtige Generale zu: den Montecuculi aus Italien, der 1664 bei St. Gotthard wieder bewies, daß mau Türken schlagen könne; ven Herzog Karl von Lothringen, der 1683 Wien retten half, 1686 Buda im Sturm nahm und 1687 bei Mohacs die frühere Niederlage daselbst rächte; endlich den edeln Prinz Eugen von Savoyen, der im glorreichen Kampfe bei Zentha 1697 die Befreiung Ungarns vollendete, und später bei Peterwardein und um Belgrad eben so ruhmreich focht. So wurde durch österreichische und deutsche Heere Ungarn den Türken wieder abgerungen und gleichzeitig der Aufstand einer den Türken verbündeten Adels- Partei niedergeschlagen. Siege tragen ihre Frucht. Kaiser Leopold durfte (1687) es wagen, durch den ungarischen Reichstag, der dnrch eine blutige Verfolgung der Protestanten (Blutgericht zu Eperies!) erschreckt war, die Erblichkeit der Krone wiederherstellen und das wichtige Recht, verfassungswidrigen Verordnungen sich widersetzen zu dürfen, aufheben zu lassen. Uebrigens galt Ungarn bloß durch Personalunion mit Oesterreich verbunden und wurde unter Mitwirkung eines Reichstages regiert, in welchem die Prälaten, die Magnaten, der niedere Adel und die sogen, königlichen Freistädte vertreten waren. Das Band zwischen Ungarn und Oesterreich ward sichtbar fester, und in welcher freundlichen Weise sich die Verhältnisse gestalteten, sah man sowohl an der Pracht, womit die ungarischen Maguaten das kaiserliche Hoflager zu Wien zierten, als auch an dem treuen Eifer, wo- mit sie für „ihren König" Maria Theresia sich waffneren und in der That die österreichische Monarchie retteten. Weiter gingen sie indes in der Untertänigkeit nicht, ihre Staatsrechte wußten sie zu bewahren, und bei jedem Thronwechsel mußten die- selben vom Herrscher beschworen werden. Alle iunern Verhältnisse des Landes blieben aber dabei rein mittelalterlicher Art, und Ungarn blieb in seiner materiellen und geistigen *) Dem von der einen Partei gewählten tapfern Woiwoden von Siebenbürgen, Johann Zapolya, stellte die andre Partei den Ferdinand von Oesterreich - Brnder Kaiser Karls V., entgegen.
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